So macht Kreislaufwirtschaft Freude

So macht Kreislaufwirtschaft Freude

Illustration und Text: Tiki Werner Küstenmacher

1984 sind wir nach Gröbenzell gezogen. Damals gab es im Gemeindehaus der evangelischen Kirche einen kleinen Bücherflohmarkt, veranstaltet von einer sehr aktiven Dritte-Welt-Gruppe. Grundidee: Menschen stiften ihre überzähligen Schmöker, der Verkaufserlös kommt Hilfsprojekten zugute. Seit drei Jahren helfen wir selbst beim Sortieren mit – und lernen staunend.

Bei Büchern zählt die Menge. Größe ist Kompetenz, sagt man im Buchhandel. So lief es auch bei Gröbis Flohmarkt – das Projekt wuchs und wurde genau dadurch immer attraktiver. Bis es heuer wohl 10 000 Bananenkartons mit gut 120 000 Büchern auf der Fläche von vier Turnhallen werden. Das Grundrezept: Lesebegeisterte besitzen viele Bücher, können dadurch viele spenden und kaufen gern neue alte Exemplare – eine ideale Kundschaft.

Bei Hilfsprojekten ist der lange Atem wichtig. Wer einmal Geld oder Sachen gespendet und gute Erfahrungen gemacht hat, bleibt dabei und spendet gerne weiter. Je größer die Organisation, desto mehr Vertrauen bringen Spender ihr entgegen. Verblüffend: Kaufhäuser gehen ein, Riesenflohmärkte blühen auf.

Bücher in den Altpapiercontainer zu werfen, fällt schwer. Da wird das Angebot gern genutzt, sie einem wohltätigen Projekt zu stiften. Aber längst nicht alle sind für den Wiederverkauf geeignet: alte mit stark vergilbtem Papier, mehrbändige Schwergewichte, Superbestseller und Bücher mit Markierungen: Schon ein paar Leuchtmarkerstriche machen ein Werk fast wertlos. Zum Wiederfinden sind farbige Haftstreifen schlauer als wildes Rumgekritzel. Auch praktisch: Ein Post-It im hinteren Buchdeckel, auf dem Sie die Seitenzahlen Ihrer Lieblingsstellen notieren. Dazu die Einfälle, die Sie beim Lesen hatten.

Eine eindrucksvolle Erfahrung beim Sortieren: Bücher sind beliebte Geschenke, aber viele werden von den Beschenkten gar nicht gelesen. Vor allem klassische Geschenkbände landen bei uns fabrikneu. Eins enthielt sogar einen Umschlag mit Brief und 50-Euro-Schein, den der Onkel seinem Neffen zwischen die Seiten gesteckt hatte – der Banause hatte es unbesehen entsorgt. Meiden Sie die Sparte „Geschenkbuch“ und schenken Sie lieber ein „richtiges“ Buch aus der Bestsellerliste oder eins, das Sie persönlich begeistert hat. Am besten an jemand, der nachweislich Leseratte ist.

Bei etlichen Büchern merkten wir: Die waren schon mal im Flohmarkt gewesen. So manche freiwillige Helferin erkannte ihre eigene Preisauszeichnung wieder oder erinnerte sich an das Buch selbst. Gegenüber Büchereien hat der Flohmarkt den Vorteil, dass man nicht auf Rückgabefristen achten muss. Kreislaufwirtschaft spart Ressourcen, macht Spaß und – ist ansteckend. Von den vielen Tausend Besuchern hat praktisch keiner die Hallen ohne Bücher verlassen.

Werner Tiki Küstenmacher, 71 Jahre alt, evangelischer Pfarrer im Ehrenamt, Karikaturist und Buchautor, lebt in Gröbenzell. Der Bücherflohmarkt ist am 8. März von 10 bis 17 Uhr, am 9. März von 10 bis 16 Uhr in der Paul-Barth-Halle in Gröbenzell. Es gibt Spiele, Schallplatten, CDs und DVDs - sowie erstklassigen Kuchen und leckere Snacks im Flohmarktcafé. Tipp: Die lange Schlange um 11 Uhr an der Kasse vermeiden und erst gegen 12.30 Uhr anstelleni.

 

Unterzeile zum Cartoon:

Totgesagte leben länger! Diesen Cartoon hat Tiki schon 2000 gezeichnet.

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