Liebe auf dem zweiten Blick

Liebe auf dem zweiten Blick

 

Fotos: Corinna Eichberger-Renneisen, Simon Katzer – Text: Petra Neumaier

 

Man mag über Puchheim denken, was man will, aber langweilig ist die 22 000 Einwohner große Stadt nicht. Allein schon wegen der Vielfalt und Gegensätze. Hier in Grün gebettete verträumte Häuschen, dort Hochhaussiedlungen. Da charmante kleine Läden, dort Gewerbegebiete mit Firmen von internationaler Tragweite. Hier beschauliches Dorf, dort wuselnde Stadt. Alle Schulformen sind vor Ort, dazu eine ausgezeichnete Stadtbibliothek und Sportplätze vom Golf bis zum (bald) sanierten Hallenbad. Ein reges Kulturcentrum sorgt für anspruchsvolle Unterhaltung, beispielgebend sind Angebote für Integration und Bildung. In den Restaurants lässt es sich gut schmausen und für Gesundheit sorgen kompetente Ärzte. Vorbildlich sind zudem die ökologischen Projekte. Wer braucht da schon einen historischen Stadtkern? Puchheim jedenfalls nicht. „Was die Stadt aber vor allem ausmacht, ist der Zusammenhalt und die Offenheit der engagierten Bürgerinnen und Bürger“, lobt Bürgermeister Norbert Seidl.

 

Stadt – Land – Wohnen – Arbeit

 

Die Kombination von Stadt und Natur ist ein wesentliches Element von Puchheim. Dass die Natur zugänglich ist und verteilt auf dem gesamten Ortsgebiet. „Seit 20 Jahren haben wir kein neues Bauland ausgewiesen“, erzählt Norbert Seidl stolz. Überall gibt es kleine Oasen. Wie die hinter dem Rathaus: Eine romantische Brücke über einen Teich? Noch nie gesehen!  Der Bürgermeister schmunzelt. „Ich hab‘ ja gesagt, dass man in Puchheim zweimal hinschauen muss“.

 

Puchheim hat viele Gesichter: Im Süden Felder und ein Stückerl Wald mit dem geheimnisvollen Burgstall Parsberg. Etwas weiter nördlich die „Ur-Siedlung“, das schmucke Puchheim-Ort. Dann wieder viel Feld und das moderne Gewerbegebiet Ikarus – wiederum durch Felder getrennt von Puchheim-Bahnhof, der „Hauptstadt“: wegen der S-Bahn, die diesen Ortsteil in zwei Teile teilt. Golfplatz im Osten, Felder im Westen. Ansonsten viele Straßen, an denen sich Ein- und Mehrfamilienhäuser wie Perlen an einer Kette reihen. Nahtlos mancherorts die Übergänge der Wohnsiedlungen in Nachbargemeinden: Eichenau und Gröbenzell.

 

Hochhaussiedlungen aus den 1970er Jahren (Puchheim Bahnhof) und romantische Parks (wie hier in Puchheim-Ort). Die Stadt ist voller Gegensätze. Doch überall gibt es Blühwiesen und andere beispielhafte Projekte. „Ich will, dass man sich mit Ökologie auseinandersetzt“, sagt Norbert Seidl, der sich sehr für Umweltschutz einsetzt.

Vor allem für Familien wohnt es sich gut in Puchheim. Sieht man nicht gleich. „Das ist Liebe auf den zweiten Blick, die erst entsteht, wenn man hier lebt“, weiß Norbert Seidl, der 1991 mit seiner Familie aus München zuzog. Kindergärten, Schulen und viele Vereine schätzt er bis heute. Und: dass man sich in der Politik einbringen kann, ohne gleich graue Haare zu bekommen. Er lacht:

 

„Puchheim tickt einfach anders.“

 

Denn „es läuft“ in der Stadt. Zum einen, weil sie viele Arbeitsplätze hat und durch die starken Betriebe in den Gewerbegebieten finanziell gut aufgestellt ist (zumindest besser als viele andere Kommunen). Zum anderen, weil die Zusammenarbeit, der Zusammenhalt und das Engagement in Puchheim groß ist. Das beginnt im Rathaus und fraktionsübergreifend im Stadtrat und weitet sich bis zu den Bürgern aus. „Wichtig ist, an einem Strang zu ziehen“, sagt Norbert Seidl, der nie „ich“, sondern immer „wir“ sagt, erzählt er über Entscheidungen und Projekte. Auch wenn er wesentlich zu dem guten Image, dem Frieden und der Vielfalt Puchheims beigetragen hat.  

 

Die Wasserbecken in Puchheim-Ort sind Anziehungspunkt für Kinder und Erwachsene, die hier im Sommer auch gerne ihre Füße kühlen.

Alle Leute vor Ort in die Gestaltung und das Leben in der Stadt einzubinden, gelingt der Stadt vortrefflich. Ein Beispiel ist das ehemalige Volksfest: einst verwaist, nach langjähriger Pause als „Auftakt“ wiedergeboren, ist es jetzt nicht nur ein Fest für alle, sondern auch eines, das sie selbst gestalten und nutzen können. „Wir bieten die Plattform und helfen den Vereinen bei der Infrastruktur und Finanzierung für ihre Aktionen“, erklärt Norbert Seidl das Konzept, das sich durch das gesamte Leben der Stadt zieht: Möglichkeiten und Chancen anbieten, die die Bürger nutzen dürfen – und sollen, ist eine Taktik, die Früchte trägt. (Beispiele siehe Kasten)

 

Neben Umweltthemen liegen Puchheim die Kinder am Herz. Das sieht und spürt man auf den Spielplätzen und in den Schulen. Dass der Bürgermeister zudem die jungen Bürger ernst nimmt, zeigt die unübersehbar platzierte, eingerahmte Liste an seiner Tür. Jugendliche der „Fridays for future“-Bewegung hatten auf seine Bitte hin aufgeschrieben, was Puchheim ändern müsse. „Haben wir schon fast alles umgesetzt.“

 

Die Kirche Maria Himmelfahrt und die Friedenssäule bilden in Puchheim-Ort einen zentralen Mittel- und Treffpunkt.

So gern Norbert Seidl sein Amt ausübt: Im Frühling 2026 wird er sich nach 14 Jahren im Amt nicht mehr zur Wahl stellen. Bis dahin will er die Zeit genießen und weitermachen, wie bisher. „Es gibt noch genug Projekte, die wir abarbeiten oder auf den Weg bringen wollen“, sagt er und freut sich auf die Sanierung der Mittelschule mit Neubau und Erweiterung, das Ende der Hallenbadsanierung mit Kinderbecken, die neue Stadtmitte, ein neues Mobilitätskonzept und die Bebauung des Harbeckplatzes. Und dann? „Dann beginnt eine neue Zeit mit neuem Tätigkeitsfeld“, sagt Norbert Seidl und denkt an Moderationen. Und an seinen Enkel. Und an sein Fahrrad, mit dem er endlich wieder 120 Kilometer am Stück fahren möchte, „ohne zu verzweifeln.“ Ganz sicher wird er sich auch weiter in Puchheim engagieren. Als Bürger seiner Heimatstadt.

 

 Fahrradzählstelle

Seit 18. September 2023 werden an der Bahnhofsunterführung die hier passierenden Fahrradfahrer elektronisch gezählt. Das stolze Ergebnis: rund 60 000 Radfahrer wurden auf dieser zentralen Radverkehrsachse innerhalb eines Jahres gezählt.

Fahrradfreundliche Kommune

Puchheim trägt nicht nur seit 2021 den Titel „Fahrradfreundliche Kommune“. Die Stadt gewann 2013 und 2024 als fahrradaktivste Kommune im landkreisweiten Vergleich den STADTRADELN-Pokal.

Bürgerbeteiligungsprojekte

In verschiedenen Bereichen ist die Meinung der Bürger ausdrücklich gefragt. Sei es aktuell bei der Entwicklung des Baugebietes an der Alpenstraße oder bei der Errichtung eines Backhauses für Puchheim Ort. Bereits durchgeführte Beteiligungsprojekte sind zum Beispiel der Bürgerpark Kennedywiese oder die Gestaltung der Stadtmitte.

Stadtbeete

Seit 2016 rufen vielfältige Projekte dazu auf, mehr Natur in die Stadt zu bringen. Neben der „Puchheimer Hochzeitswiese“, auf die Obstbäume gepflanzt werden können, stellt die Stadt auf öffentlichem Raum Hochbeete zum Bepflanzen und Ernten zur Verfügung. Außerdem gibt es kostenfreie Bürgeräcker. Unterstützt werden zudem Projekte in Schulen und Kindergärten, die Gemüsetauschbörse sowie eine Saatgutbibliothek. Honig- und Wildbienen finden sowohl auf den Hochzeitswiesen als auch im neuen Wildbienengarten Unterschlupf und Nahrung.

Stadtnatur-Pfad und Projekt „Mehr Arten im Garten“

2019 wurde der ehemalige Gehweg des Planieweges entsiegelt und ein kleiner Lehrpfad angelegt. Anstelle der asphaltierten Fläche hat sich hier eine artenreiche Magerwiese entwickelt.  An Stationen werden Lebensräume bedrohter Arten erklärt. Tipps und Hilfestellungen, wie Gartenbesitzer selbst zur Artenvielfalt beitragen können, leistet das Projekt „Mehr Arten im Garten“. www.gartenreich-projekt.de 

Ehrenamt

Neben einem Ehrenamtsordner, in dem aktuell verschiedene Möglichkeiten des unentgeltlichen, aber unentbehrlichen Engagements aufgelistet sind, wird in Puchheim der Einsatz der Bürger für Bürger besonders geehrt. Alle zwei Jahre findet seit 2021 auch eine Freiwilligenmesse statt, auf der sich Interessierte informieren können. Mit dem Haus der Begegnung hat Puchheim einen Ort, an dem sich der Anspruch „Engagierte Stadt“ zu sein, umsetzen lässt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rau(h)e Sitten

Rau(h)e Sitten

Herr Brauns sucht das Glück

Herr Brauns sucht das Glück