Der Henker weiß, wo es liegt!

Der Henker weiß, wo es liegt!

Fotos: Corinna Eichberger-Renneisen Text: Ricarda Traub

 

Mittelalter, anno 1393: Schauplatz ist die Gerichts- und Urteilsstätte in Ober- und Untermalching. Der Verurteilte wird unter lautem Gegröle und schrillen Pfiffen durch die Menge zur Hinrichtungsstätte außerhalb des Ortes geführt. Die untergehende Sonne blitzt durch die Schlinge des dort stehenden Galgens. Der letzte Gang des Straftäters auf das Schafott und der Henker waltet seines Amtes…

 

Gegenwart, anno 2023: Von der düsteren Stimmung und der schaurigen Hinrichtungsstätte ist nur noch der Name für die hiesigen zu Maisach gehörenden einzelnen Höfe geblieben: Galgen. Am Ortseingang ein von Bäumen umringter, kleiner Weiher, eine sich windende Straße, ringsum Acker an Acker. Vier Höfe, 20 Einwohner zwischen 21 und 90 Jahren. Laut Legende sollen sich die ursprünglichen Hofnamen (Josl, Urabaur, Hanslbaur, Berlbaur) der bestehenden Anwesen aus den Namen der Henkerssöhne (Josef, Urban, Hans, Bernhard) herleiten.

 

„Das Schöne ist, dass hier jeder mit dem anderen gut auskommt“, sagen Jutta und Leonhard Wörl. Das Ehepaar betreibt seit 23 Jahren eine Ölmühle – damals die erste im Landkreis Fürstenfeldbruck. Aus Raps wird kaltgepresstes, naturbelassenes Öl gewonnen. Zum Hof der Familie gehört auch eine eigene Kapelle. Sie wurde 1923 von dem damaligen Hausherrn Johann Wörl (Leonhard Wörls Großonkel) zum Dank für die glückliche Heimkehr aus dem Ersten Weltkrieg gebaut. Da das kleine Kirchlein im Privatbesitz der Familie liegt, wird dieses auch von ihnen gepflegt und erhalten. 1990 fand die letzte Sanierung statt. Von der Denkmalpflege gab es einen Zuschuss. Nur einen Steinwurf daneben steht eine Kreuzgruppe, bestehend aus einem Kreuz, einer Mutter Gottes hinter Glas und zwei Totenbrettern. Die Texte auf den Totenbrettern erinnern an die Vorfahren der Familie Wörl. Nicht ganz so alt, aber in ihren Grundmauern im Original erhalten sind die Stallungen. In einem der Nachbarhöfe gibt es zudem ein altes Backhäusl.

 

Die Erhaltung der Kapelle in den nächsten Jahren ist gesichert: Als einer der drei Söhne hat Thomas Wörl den elterlichen Hof übernommen.

Ob der Galgen damals vielleicht genau an dieser Stelle stand? Gut möglich, gewiss aber nicht. Sicher ist jedoch, dass das Erhängen von Straftätern im Mittelalter zu den häufigsten Tötungsmethoden zählte. Auch, wenn der Galgen für einen raschen Tod bekannt ist, zumeist ging es für die Delinquenten langsam und qualvoll zugange. Nicht immer war unbedingt eine Vorrichtung aus Holz nötig. Bäume gab es nämlich überall und ein Seil zum Fixieren war auch schnell gefunden. Der Galgenbaum diente also durchaus auch als Richtstätte. Zur Abschreckung blieb der Gehängte noch lange über seinen Tod hinaus am Strick hängen. Oft wurden Verurteilte auch geviertelt, die einzelnen Teile an den umliegenden Bäumen aufgehängt und den Vögeln zum Fraß überlassen. Da betrachtet man die sich sanft wiegenden Bäume rund um das Dörflein nun mit ganz anderen Augen.

 

Dass durch die Häuseransiedlung eine offizielle Durchgangstraße führt, vermuten wohl die wenigsten, mündet diese doch in einen Schotterweg Richtung Wald. Nur wenn auf der B2 ein Unfall passiert ist, finden Nichtheimische den Weg durch Galgen. Ansonsten schätzen die Bewohner die Ruhe und Stille. Besonderheiten? „Hinter dem Haus meiner Nachbarin steht eine Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes“, erzählt Jutta Wörl. „So wissen wir immer, wann sich schönes Wetter einstellt oder es Zeit für die Winterreifen ist.“ Drei Alpakas gehören auch zur Dorfgemeinschaft und, für die ein oder andere Henkersmahlzeit, ein Bio-Kartoffelverkauf.

 

Nach Westen hin haben die Bewohner nicht nur freien Blick auf den Sonnenuntergang, sondern auch auf das Mammendorfer und Malchinger Windrad. Letzteres nutzt hinsichtlich der Versorgung zwar dem Nachbarort, das Surren der Rotoren bei Westwind und den Schattenwurf bei tiefstehender Sonne bekommen aber die Galgener ab.

Familie Wörl nimmts mit (Galgen-)humor.

 

Steckbrief Galgen

Lage: Erste Erwähnung 1393; unweit der Gerichtsstätte von Malching stand hier der Galgen.

Am 1. Januar 1978 kam Galgen als Ortsteil der bis dahin selbständigen Gemeinde Malching zu Maisach.

Einwohner: 20

Namensherkunft: Galgen von mittelhochdeutsch „galge“ = Galgen, Kreuz und althochdeutsch „galgo“ = Stange, Pfahl – Malching als dazugehörige Gerichtsstätte: Im Ortsnamen steckt der Begriff "Mal-Eiche" = Ort einer alten germanischen Gerichtsstätte, die für gewöhnlich dreigeteilt war: Untermalching: Betstätte, Obermalching: die Maleiche, also die Urteilsstätte, Galgen: Vollstreckungsort

Sehenswert:

•          Kreuzgruppe mit Mutter Gottes hinter Glas und zwei Totenbrettern.

•          Kapelle, erbaut 1923; jährlich im September Messe zum Gedenken an Verstorbene

Spazierwege, Radtouren und Aktivitäten

•          Ein kleines idyllisches Waldstück direkt gegenüber vom Ortseingang. Mit inne liegenden Wegkreuzen nach Malching und Mammendorf

•          Waldweg mit kleinem Tümpel Richtung Puch

•          Querfeldein, ebenfalls Richtung Puch zu einem kleinen Marterl

•          Ausgeschilderte Radwege in alle Himmelsrichtungen

 

Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr: Buslinie 847 nach Maisach/Schule bzw. Egenhofen. Zu Schulzeiten zweimal täglich, kein Betrieb am Wochenende oder an Feiertagen;

S-Bahn-Stationen Mammendorf und Malching jeweils ca. zwei Kilometer entfernt

Buchtipp: „Sagen und Legenden um Fürstenfeldbruck und Germering“, gesammelt und neu erzählt von Gisela Schinzel-Penth

 

Der Teufel am Feldkreuz bei Galgen (gekürzt)

Ein Handwerksbursche auf der Walz. Nach der erfolglosen Suche eines Nachtquartiers, nähert er sich dem Weiler Galgen – laut fluchend über die Ungerechtigkeit der Welt. Bei einem Feldkreuz lässt er seiner Wut freien Lauf und stößt sein Messer einige Male in die Statue der Gottesmutter unter dem Kreuz. Ein schrilles Pfeifen lässt ihn erschrocken innehalten. Der Teufel in Person steht vor ihm, um ihn zu holen. Dem Burschen fährt der Schreck in die Glieder. Verzweifelt klammert er sich an das Kreuz, drum herum., verfolgt vom Satan, der ihm, solange er das Kreuz berührt, nichts anhaben kann. Die ganze Nacht läuft der Bursche unentwegt um das Kreuz, flehend und reumütig und versprechend, von nun an ein besseres Leben zu führen. Erst gegen Morgengrauen hat der Spuk ein Ende.

 

Dieses Feldkreuz befindet sich an der B2 von FFB Richtung Mammendorf kommend, ca. 300 Meter westlich der Fa. KANN. Die Geschichte bezeugen Leonhard Wörls Großvater und andere zur damaligen Zeit im Ort lebende Bewohner: sie sahen den Mann schreiend um das Kreuz laufen.

 

 

Sauwuid und saustark

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Moment Mal….

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