Rette Bauernhäuser wer kann!

Rette Bauernhäuser wer kann!

Fotos: Corinna Eichberger-Renneisen, Petra Neumaier - Text: Petra Neumaier

 

Die schmale Kammerstiege geht fast senkrecht hinauf. Gerade mal aufrecht stehen kann man hier oben, trotzdem fühlt sich der Kopf frei an und das Herz ist warm. Denn alles, was das Auge sieht und was die Seele fühlt, ist hier lebendig. Erzählt Geschichte und liebevolle Geschichten. Von dem Erbauer des Hauses und Generationen von Bewohnern: Die krummen Wände, das Holz auf dem Boden, die Wandnischen mit ihren verzierten Türchen. Die Sprossenfenster, das Backhäusel, die Scheune und jedes noch so kleine Detail. Sogar das Plumpsklo unten im Vorgarten. All das und noch viel mehr ist auch die Geschichte von dem Mann und seiner Frau, die vor über 35 Jahren ein uraltes Bauernhaus in Dünzelbach vor der Abrissbirne bewahrt haben und ihm ein neues Leben schenkten. Authentisch und voller Hingabe. „Um bäuerliche Kultur zu bewahren“, betont Horst Semmelroth.

 

Ein absolutes Kleinod ist das traumhafte Backhäusl, das tatsächlich noch funktionsfähig ist.

Das Dach teilweise eingefallen. Die Mauern mehr nass als feucht. Das Holz faulig. Der Putz abgebröckelt: Als der Raumgestalter aus Fürstenfeldbruck den Artikel über das 300 Jahre alte Bauernhaus in Dünzelbach las, war er schockiert. Nicht so sehr über den desolaten Zustand des Gebäudes. Vielmehr, dass es kurz vor dem Abriss stand. Also überlegte er nicht lange, kaufte die Ruine – und erntete damit allseits Kopfschütteln. Niemand glaubte, dass das alte Gemäuer noch zu retten sei.

 

 „Alles ist möglich!“

 

Ein großer Wunsch von Horst Semmelroth ist, dass noch mehr Menschen seine Leidenschaft teilen. „Denn alte Häuser bewohnen macht glücklich.“

Doch binnen vier Jahren hatte Horst Semmelroth mit Familie und Freunden das Unglaubliche geschafft. In Handarbeit. Das vorsichtige Abgraben, das Setzen neuer Fundamente, das Dachdecken, Verputzen, Verlegen … Im ehemaligen Stall baute Horst Semmelroth sogar einen zweiten Wohnbereich, mit höheren Decken, aber genauso viel authentischem Charme und verbunden mit dem Haupthaus. Und alles weitestgehend mit Originalmaterialien – aus dem Gebäude oder anderen Bauernhäusern, die keinen Retter gefunden hatten. Wenigstens Teile von ihnen durften nun überleben und ihre Gebrauchsspuren zeigen. Eine Wasserwaage legte Horst Semmelroth auch kaum an. Krumm sind die Wände, die Böden leicht gewellt. „Das macht das Haus lebendig.“

 

Der Klo-Häuschen im Vorgarten ist ebenso denkmalgeschützt. Es wäre sogar noch funktionsfähig, würden hier nicht jetzt die Mülltonnen stehen.

Dem Abriss geweiht war vor 35 Jahren der alte Bauernhof, der zu den ältesten, privaten Wohnhäusern des Landkreiseses zählt. Jetzt ist es an Einzigartigkeit kaum zu überbieten – und schon gar nicht von modernen Häusern!

Könnte ein Bauernhofmuseum sein – ist aber ein vermietetes Wohnhaus: Immer wieder Neues ist in und am und um das Dünzelbacher Schmuckstück zu entdecken.

 Sehr ökonomisch sind die historischen Installationen in dem Bauernhaus: Wie die, in der Zwischenwand von Stube und Küche eingelassene Lampe, die gleich zwei Räume beleuchtet. Auch der Kachelofen ist so eingebaut, dass er gesamte alte Bauernhaus beheizt.

Im Laufe der vergangenen Jahre hat er fleißig weiter Materialien gesammelt und damit sogar andere Bauernhäuser renoviert, zu denen er gerufen wurde. „Alles ist möglich“, sagt er, der restauriert, ohne zu übertreiben. Den Charme und den Charakter der historischen Häuser zu erhalten, ist dem leidenschaftlichen Handwerker eben das höchste Anliegen. Und für die Bewohner, wie auch Ronja von Wurmb-Seibel (Siehe Portrait: Auf der Suche nach dem X, Seite 52) ist das Wohnen in den heimeligen Zimmern ein absoluter Traum.

 

Und wenn jetzt Passanten kopfschüttelnd vor dem schmucken Bauernhaus in Dünzelbach stehen – oder darin – dann vor heller Begeisterung. „Das ist Kultur, das ist Geschichte und Identität“, sagt Horst Semmelroth, der heute gerne auch beratend zur Seite steht.

5 Fragen über die Zukunft der Wälder

5 Fragen über die Zukunft der Wälder

Musik für den Frieden

Musik für den Frieden