Bernd Reiser
Nein, Fußball hat Bernd Reiser nie gespielt. Im Gegensatz zu mir, der „Gazelle vom SC Schöngeising“, die leider stets schneller als das runde Leder war, was die sportliche Laufbahn auch entsprechend rasch beendete. Reisers Karriere ging dagegen durch die Decke. Der Mammendorfer ist seit 18 Jahren Kapitän einer Mannschaft mit knapp 1500 Mitspielern. Als Verbandsfunktionär organisiert und kontrolliert er den Spielbetrieb für 140 Teams aus 72 Vereinen. Der 67-Jährige ist vom Starnberger See bis rauf an die Grenze nach Dachau in allen Dorfstadien daheim. Da kann selbst ein rasender Reporter nicht mithalten. Weshalb sich der statutentreue Paragrafenreiter und der notorische Zeitungs-Grantler den Ball immer in der Grauzone zwischen Theorie und Praxis zugeschoben haben. Was manchmal zu verbalen Fouls mit schmollenden Kommunikationspausen auf der Strafbank führte. Doch als Teamplayer mit gemeinsamen Karrierewurzeln (man übernimmt als Papa eines kickenden Sprösslings die Trainerrolle in der F-Jugend) ziehen wir nun im Rentner-Office wieder an einem Strang in der Zweierkette. Reiser ist Herr der Buchstaben-Ligen, wie die zehn bis zwölf Kategorien unterhalb der 1. Bundesliga angesiedelten A-, B- und C-Klassen spöttisch tituliert werden. Telefonieren fällt ihm nach einer Kehlkopfoperation vor sechs Jahren etwas schwer. Doch das Kommunikations- Handicap macht die als Telefon-Dolmetscherin ebenso fußball-fitte Ehefrau Roswitha wett. „Heuer war die Arbeit so schwierig wie noch nie“, lässt Reiser über den Re-Start der corona-bedingt unterbrochenen Saison verlauten. Nun ist schon wieder Winterpause. Bis zur Fortsetzung im Frühjahr muss er seine 1500 Teamplayer bei Laune halten. „Zu 90 Prozent von ihnen habe ich ein freundschaftliches Verhältnis.“ Was mich im Abseits stehend wegen der fehlenden zehn Prozent schon wieder stutzig macht.