Der schiefe Turm von Bruck
FOTO: Corinna Eichberger-Renneisen; TEXT: Petra Neumaier
Manchmal kommt es anders, als man denkt. Zumindest für die Esche, die über 80 Jahre lang auf
dem Grundstück der Familie Leonhard in Fürstenfeldbruck in die Höhe gewachsen war. Riesig war
ihre Krone, dick der Stamm, der sich im Laufe der Zeit jedoch immer mehr dem Haus zuneigte.
Lange überlegten Thomas und Mathilde Leonhard und zögerten die Entscheidung zum Fällen
hinaus. 2020 blieb jedoch nichts anderes mehr übrig. Doch die mit dem Baum leidenden Brucker
fanden einen Kompromiss: Wenigstens ein Teil des mächtigen Stammes sollte noch eine Weile
erhalten bleiben – und der Kunst dienen. Als Totempfahl, dachte sich Thomas Leonhard. Aber weil
der Baum dafür viel zu schief war, kam die Familie auf die Idee mit dem schiefen Turm von Pisa.
Realisiert hat ihn der Gröbenzeller Baumschnitz-Künstler Richard Litzinger (siehe auch „Menschen
im Landkreis“). Drei volle Tage – vom ersten Probeschnitt bis zum Feinschnitz und Abbrennen –
brauchte er (trotz Mithilfe des Eigentümers) bis der 2,18 Meter hohe Turm mit seinen 145 Fenstern
auf sechs Stockwerken vollendet war. Eine Fleißarbeit für den Künstler. Ob der Winkel stimmt ist
Nebensache, Hauptsache, die Esche kann somit noch eine Weile bleiben – als Blickfang von der
Terrasse und in den laubfreien Monaten auch für die Passanten der Emmeringer Straße..