Die Suche nach dem verlorenen Schatz

Die Suche nach dem verlorenen Schatz

FOTOS Corinna Eichberger-Renneisen, Simon Katzer; TEXT Petra Neumaier

 

Es geht um Mord. Um verschollene Schätze. Um verschlüsselte Botschaften. Um ein nicht auffindbares Erbe. Um Geheimnisse, denen man auf die Spur kommen oder um gefährliche Situationen, denen man entrinnen muss: Bei den sogenannten Escape- Spielen oder Exit-Games geht es zur Sache – und zwar am besten gemeinsam. Die Kooperations-Spiele haben – wie auch alle anderen Spiele – in der Zeit der Lockdowns einen regelrechten Boom erfahren. GUSTL besuchte zwei Spieleerfinder im Landkreis Fürstenfeldbruck.

 

Ein großer blauer Umschlag. Mit vielen engbeschriebenen Zetteln drin und einem Stift, der mit Geheimtinte schreibt und der mit seinem eingebauten Blaulicht das Geschriebene sichtbar macht. „Kriminalkuvert“ heißt das Exit-Game von Raphael Klein, das der Medienkaufmann und hauptberufliche Blattplaner bei der Abendzeitung selbst per Hand herstellt. Weit über 3500 Mal hat der Germeringer es bereits verkauft – „in ganz Europa“, sagt er stolz.

Es geht um eine Erbschaft, die sich als ein noch nicht gelöster Kriminalfall entpuppt. Verschlüsselte Botschaften, versteckte Hinweise müssen gefunden und mit Logik und Kombinationsgabe miteinander verknüpft werden: Ganz schön knifflig und nicht mal eben kurz gespielt. Zwei Stunden sind schon drin – sehr kurzweilige Stunden!

Denn die Geschichte ist spannend und die Rätsel sind kreativ. Mit dieser Kreativität und dem Spaß am Spiel schickt Raphael Klein bereits seit einigen Jahren Menschen auf eine Art Schnitzeljagd. Auf seinen Kriminalspaziergängen. Weil sie zwischen den Lockdowns nur in kleinen Gruppen möglich waren, kam der 26-Jährige auf die Idee mit den Umschlägen. Jetzt kann jeder seinen „Fall“ zu Hause lösen.

 Im Gegensatz zu im Handel käuflichen Exit-Games kann man das Kriminal-Kuvert sogar öfter spielen – „wenn man dazwischen ein bisschen Zeit vergehen lässt“, sagt Raphael Klein schmunzelnd. Die Outdoor-Spiele gehen trotzdem weiter.

Mehrere Monate arbeitet Raphael Klein an der Entwicklung des Spiels: an der Geschichte, den Rätseln und Routen. Mehrfach werden die Spiele dann getestet und im Zweifelsfall verändert. „Eben so lange, bis es kein Risiko des Verlaufens mehr gibt“, sagt der Spieleerfinder. Er selbst spielt auch gerne Brettspiele – derzeit wieder „Carcassonne – denn Konsolenspiele sind nicht meine Welt.“

Mehrere Monate arbeitet Raphael Klein an der Entwicklung des Spiels: an der Geschichte, den Rätseln und Routen. Mehrfach werden die Spiele dann getestet und im Zweifelsfall verändert. „Eben so lange, bis es kein Risiko des Verlaufens mehr gibt“, sagt der Spieleerfinder. Er selbst spielt auch gerne Brettspiele – derzeit wieder „Carcassonne – denn Konsolenspiele sind nicht meine Welt.“

 Gerade entwickelt er wieder eines für Gruppen. Der Germeringer entdeckt dabei selbst viel Neues in seiner Umgebung, das ihm bislang entgangen war. Einsame Hinterhöfe, stille Parks, belebte Straßen. „Ich kann nicht sagen, was mehr Spaß macht: das Spielen oder Entwickeln“, sagt Raphael Klein, der zudem in Co-Arbeit ein Theaterstück geschrieben hat, das bereits in Deutschland und Frankreich aufgeführt wurde. Er lächelt. „Vielleicht kann ich die Geschichte ja auch noch in eine andere Form packen“. (Infos: www.ergoetzlichkeit.com)

 

 

 

Tanja, Malou und Lenn de Azambuja haben selbst mit ihrem Escape-Room, der neben dem Lichtspielhaus in Fürstenfeldbruck steht, einen riesigen Spaß.

Tanja, Malou und Lenn de Azambuja haben selbst mit ihrem Escape-Room, der neben dem Lichtspielhaus in Fürstenfeldbruck steht, einen riesigen Spaß.

Die Schulen sind geschlossen, die Nebenjobs gestrichen. Was also tun? Für Tanja (48), Malou (14) und Lenn (12) de Azambuja aus Fürstenfeldbruck war das während des Lockdowns die Gelegenheit, ihre Kreativität auszuleben. Denn seit ihrem ersten Besuch in einem Escape-Room in München waren Mutter, Tochter und Sohn regelrecht infiziert von spannenden Rätseln. Zu Hause kreierten sie deshalb eigene und hielten sie auf langen Listen fest. Um ihnen Raum und anderen Zugang dazu zu geben, kamen sie schließlich auf die Idee, einen ausrangierten Campingwagen umzubauen. Jetzt ist es das „Geisterschiff des Piraten Joe Goldhand“ und damit der erste Escape-Room (und der erste auf vier Rädern) im Landkreis Fürstenfeldbruck.

Unheimlich krächzt die Stimme, die aus dem Nichts zu kommen scheint, begleitet von merkwürdigen Geräuschen: „Willkommen … Ihr seid der jämmerliche Rest, der von der Piratencrew übrig geblieben ist. Viele aus der Mannschaft haben sich gegenseitig umgebracht – einige sind spurlos verschwunden! Werdet ihr eurem schaurigen Schicksal entkommen und rechtzeitig das erlösende, magische Juwel fi nden?“ – Puhh. Das wird spannend.

Denn die Tür ist geschlossen und das Schiffsdeck mit Schiffsruder, ausgestopftem Vogel, Luken und Schränken und sogar einer alten Schatzkiste ist ein wenig unheimlich. Auch wegen der vielen Vorhängeschlösser, merkwürdigen Zahlen und Zeichnungen an den Wänden. Alles kann hier etwas bedeuten, nichts muss. Das ist der Trick – oder besser, das Spiel.

Tanja, Malou und Lenn de Azambuja können zu Recht stolz auf ihr Werk sein. In monatelanger Arbeit haben sie den Wohnwagen fast komplett entkernt und mit Accessoires ausgestattet, die sie auf Flohmärkten, in Kellern und Börsen ergattern konnten: „Upcyclen“ nennt sich das Umwelt und Geldbeutel schonende Handeln, das zudem den Nutzern zu Gute kommt. „Mit unserer handmade-Kultur können wir gerade für Jugendliche realistische Eintrittspreise anbieten“, erklärt Mutter Tanja de Azambuja, die einen Teil der Erlöse in Klimaschutzprojekte investiert.

Sie passt auch außerhalb des „Piratenschiff es“ auf die Schatzsucher auf. Zwei installierte Kameras zeigen ihr, wie weit jene sind und ob sie nicht doch ein bisschen Hilfe beim Lösen der 30 Rätsel benötigen. Im Bauch des Schiffes ist zwar noch niemand verloren gegangen oder von dem riesigen Kraken gefressen worden, der den Schatz bewacht. Aber nicht selten haben die Besucher länger gebraucht, als die veranschlagten 90 Minuten.

Wenn die Resonanz auf ihr Familienprojekt, mit dem sie andere abenteuerlustige Familien, Kinder und Erwachsene begeistern, weiterhin so gut läuft, plant das Trio neue Geschichten – und vielleicht auch in einem Raum. Malou, die sich bereits professionell um Designs, Plakate, Fotos und Film gekümmert hat und ihr Bruder Lenn, der das Intro sprach und handwerklich wie kreativ voller Ideen ist, können es jedenfalls kaum erwarten. „Wir haben ja noch ganz viele Rätsel übrig“. (Infos: www.escaperoom-ff b.de)

 

Hier wird gespielt (wenn erlaubt)

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Der schiefe Turm von Bruck

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