Mein Platz:  Der Fahrersitz im Linienbus

Mein Platz: Der Fahrersitz im Linienbus

Text: Doris Stickelbrocks, Foto: Simon Katzer

Der Regen prasselt aufs Dach. Dem Busfahrer macht schlechtes Wetter nichts aus: „Dann steigen die Leute schneller ein.“

Am 1. August ist Sandor Cserhalmi in Rente gegangen. Sechs Wochen später, am Ende der Sommerferien, fragte er in seiner Firma, ob er nicht wieder gebraucht werde. Seitdem steuert er jeden Nachmittag für vier Stunden den MVV-Regionalbus, der im Wechsel als Linie 838 oder 839 seine Schleife von Tegernbach über Mammendorf zum S-Bahnhof Fürstenfeldbruck oder Buchenau zieht.

Seit 2005 fährt der gebürtige Ungar Linienbusse im Landkreis. Er kennt alle Strecken und mag alle gleich gern. Zuvor war er lange Zeit in München unterwegs: „Da haben sich die Leute nicht dafür interessiert, wer den Bus fährt. Hier draußen ist es menschlicher.“ Mit seinen Stammfahrgästen, meist ältere Leute, hat er netten Kontakt. Und so setzt er sich  nachmittags lieber ins vertraute Bus-Cockpit, als zuhause zu bleiben. „Im Bus habe ich das Sagen. Zuhause hat meine Frau das Sagen“, scherzt er, um im Ernst hinzuzufügen: „Ich mache gern noch ein bisschen weiter, so lange ich zu hundert Prozent fit bin. Wäre ich es nicht, würde ich natürlich sofort aufhören, denn sonst würde ich ja Menschen in Gefahr bringen.“ Er joggt gerne an der Amper, das hält fit.

1982 zog Sandor Cserhalmi mit Frau und kleinem Sohn von Ungarn nach Fürstenfeldbruck und fährt seither Busse, früher auch Reisebusse. Dass sein Arbeitsplatz im Lauf der Jahrzehnte komfortabler geworden ist, weiß er zu schätzen: „Die Klimaanlage und das Automatikgetriebe sind eine feine Sache. Auch dass ich den Bus für einen niedrigeren Einstieg seitlich nach unten neigen kann, gefällt mir.“

Seit Corona sind es weniger Fahrgäste geworden, so seine Beobachtung: „Viele haben wohl Angst sich im Bus anzustecken und fahren lieber mit dem Auto. In Mammendorf steht man manchmal im Stau wie am Stachus.“ Aber das nimmt er gelassen, genauso wie wenn ein Bus einmal ganz leer bleibt: „Dann genieße ich die Ruhe.“ Das einzige Ärgernis, das ihm einfällt, sind Schmierereien im Bus, die sich nicht so leicht entfernen lassen. Ansonsten fühlt er sich genau am richtigen Platz. „Seit meinem vierten Lebensjahr wollte ich Kutscher sein. In meiner Kindheit auf dem Dorf gab es tatsächlich Pferdekutschen.“ Sein Mercedes-Citaro-Bus hat 350 PS. Er lacht. „350 Pferde – und ein Esel. Der fährt.“

Sandor Cserhalmi lenkt seit 15 Jahren Linienbusse durch den Landkreis. Die Stammfahrgäste schätzen seine umsichtige, hilfsbereite und humorvolle Art. Mit 66 Jahren ist er eigentlich schon im Ruhestand, aber er nimmt trotzdem jeden Nachmittag am Steuer des Regionalbusses 838/839 Platz.

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