Der Ökoweihnachtsmann

Der Ökoweihnachtsmann

„Danke, Herr Küstenmacher, für das Wort simplify!“ sagte mir einmal die Chefredakteurin einer großen Frauenzeitschrift. Sie erzählte, wie schwer es ist, für so ein Blatt neue Themen zu finden. So gern hätten sie auch mal was zu Haushalt und Putzen gebracht. Aber das wäre viel zu spießig rübergekommen.

 

Bis sie das Ganze einfach „simplifyen“ nannten – und, Bingo! Die lästigen Jobs wie Aufräumen, Entrümpeln oder Staubwischen kamen plötzlich cool rüber. Tja, merci, gern geschehen! Nach gut 20 Jahren hat das schöne S-Wort allerdings langsam Staub angesetzt. Als Nachfolger bewirbt sich der etwas sperrige Begriff „lifehacks“: So wie Computerfreaks mit ausgekochten Kniffen (englisch „hacks“) in fremde Geräte eindringen, so meistern Life-Hacker allerlei Alltagsschwierigkeiten mit Trick 17.

 

Sie kleben sich ein Legomännchen an den Schreibtisch und klemmen ihm das ewig runterrutschende Handykabel in die gelbe Plastikhand. Sie drehen den Tetrapak beim ersten Einschenken so herum, dass der Ausgießer an der oberen Kante der Getränkebox ist – und schon gibt es kein unkontrolliertes Herausgluckern des Inhalts mehr. Wenn sie den Bürstenkopf ihrer elektrischen Zahnbürste auswechseln, verwenden sie den alten vor dem Wegwerfen, um damit bequem mit Motorkraft die Fugen zwischen den Badezimmerfliesen zu putzen (mit Scheuermilch oder Zahnpasta).

 

Bei den lifehacks zum Thema Weihnachten ist mir eine Idee aus den USA besonders aufgefallen. Da erzählen clevere Eltern ihren Kids, dass Santa Claus nicht nur tolle neue Geschenke bringt, sondern auch die nicht mehr benutzten mitnimmt. In den Tagen vor dem Fest platzieren sie eine große Kiste im Kinderzimmer. Dort tun die Kleinen alles rein, was sie nicht mehr benutzen werden. Am Heiligen Abend sind diese alten Sachen auf so wundersame Weise verschwunden, wie die neuen auf dem Gabentisch erscheinen.

 

So lernt die Generation Greta 2.0 schon früh das Loslassen, bewahrt sich selbst vor überfüllten Kinderzimmerschränken und freut sich doppelt über die Weisheit des Weihnachtsmanns: Der reist schon seit Urzeiten auf dem Luftweg ohne Flugscham, nahezu klimaneutral (nur mit Rentieren, die höchstens ein bisschen Methan pupsen).

 

Ein anderes klimafreundliches Supergeschenk für die Adventszeit können Sie in den nächsten Tagen vorbereiten: Vereinbaren Sie mit Kolleg*innen, Vereinskamerad*innen oder anderen Leuten aus Ihrem Umfeld einen möglichst langweilig klingenden Pflichttermin in den ersten Dezemberwochen: Extrameeting, Arbeitsgruppe Geschäftsordnung, Jahresplanungstreffen oder sonst etwas Ödes. Und dann – ein paar Tage vor der Zusammenkunft – sagen Sie es ab. Drei Stunden unerwartete Zeit zur eigenen Verfügung! Etwas Schöneres können Sie jemandem in den vollgestopften Adventstagen nicht schenken.

 

 

Werner Tiki Küstenmacher ist evangelischer Pfarrer im Ehrenamt, Karikaturist, Buchautor und wohnt mit seiner Frau, der Autorin Marion Küstenmacher, in Gröbenzell.

Klassisch & modern

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Der Hang, die Stangen und sie

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