Fünf Fragen über Heimat
Rostock, Bonn, München, Wien, Bruchsal, Niederbayern, Graz, Schöngeising ... Regisseur Rolf P. Parchwitz und seine Frau Michaela Stögbauer waren in den vergangenen Jahrzehnten mehr hier als dort. Bereits vor 20 Jahren begann die Schauspielerin ihre aus dem Böhmerwald umgesiedelten oder geflohenen Verwandten über ihre Heimat zu befragen. Aus dem 800 Seiten-Manuskript schrieb Dramaturg Franz Csiky ein Stück, das vor einem Jahr im Jexhof uraufgeführt wurde und seitdem auf Tournee ist: „Fremd.Sein.Heimat“.
Was ist denn Heimat?
Rolf P. Parchwitz: Eine 1:0-Bedeutung gibt es für mich nicht. Ich bin als Kind viel gependelt. In Rostock habe ich heute noch eine Wohnung und bin immer wieder gerne dort. Rostock ist eine Heimat, Schöngeising eine weitere.
Dann lässt sich Heimat also teilen?
Michaela Stögbauer: Für mich ist es der Ort, an dem man wohnt, wo die Familie ist und wo das Umfeld stimmt. Als Kind war für mich der Böhmerwald allerdings auch Heimat, obwohl ich nie dort war. Ein Ort aus Geschichten und Märchen, die sich eines Tages als schöner als in der Realität herausstellten.
Ist Heimat = Heimweh?
Michaela Stögbauer: Nach dem Bayerischen Wald habe ich kein Heimweh, eher nach Graz und der Steiermark, aber das hängt mit den Menschen zusammen. Wenn ich es recht bedenke, dann hängt Heimat für mich mit Menschen zusammen. Als meine Mutter starb, brach mir ein Stück Heimat weg.
Rolf P. Parchwitz: Heimat ist, wenn man etwas vermisst: das Umfeld, die Freunde und Verwandte.
Und was ist mit Schöngeising?
Michaela Stögbauer: Schöngeising ist wie ein Paradies.
Rolf P. Parchwitz: Es ist unser Lebensmittelpunkt, schon meine Vorfahren wohnten in diesem Haus. Hier sind meine Wurzeln.
Dann ist Heimat also doch ein Ort?
Michaela Stögbauer: Ein Onkel sagt in dem Stück: Heimat ist wie eine Zwiebel, man kommt nackt auf die Welt und legt sich mit jedem Ort eine Schale zu.
Rolf P. Parchwitz: Heimat liegt vermutlich in einem selbst.
Die mütterliche Familie von Rolf P. Parchwitz kommt aus Schöngeising, die Mutter folgte jedoch dem Vater nach Rostock. Nach der Trennung der Eltern ging er mit 14 Jahren offiziell in die BRD und konnte zwischen den beiden Städten pendeln. Nach dem Abitur in einem Internat in der Lüneburger Heide studierte er Theaterwissenschaften in München und Schauspiel in Wien. Hier führte Parchwitz bereits Regie. Promoviert am Institut für Theaterwissenschaft, gründete er in München das „Theater in der Kreide“ (TIK) und ging als Intendant nach Bruchsal an die Badische Landesbühne. Als freischaffender Regisseur im In- und Ausland zog er 1993 mit seiner Frau Michaela Stögbauer, der freischaffenden Schauspielerin aus Niederbayern, nach Schöngeising.
Das Theaterstück „Fremd.Sein.Heimat“ wird am 30. September um 20 Uhrin Haimhausen aufgeführt. (www.haimhauser-kulturkreis.de)