350 Hochzeiten und kein Reinfall
Bei minus zehn Grad Celsius und eineinhalb Meter hohem Schnee; bei 40 Grad im Schatten. Im Cowboyhemd und dunklem Anzug. Mit Blasen an Händen und Füßen. Auf hohen Bergen und an Seen: In seinen insgesamt neun Jahren als freier Trauredner hat der Puchheimer Ulrich Naas allerhand mitgemacht. Und erlebt. Insgesamt 350 Paare führte er mit seinen freien Trauungen und einfühlsamen Ansprachen in den letzten neun Jahren in den „Hafen der Ehe“ – in seiner Zeit als Hauptamtsleiter (vier Jahre) und Bürgermeister (24 Jahre) in Baden-Württemberg waren es noch weit mehr. Jetzt, mit 69 Jahren, setzt er sich zur Ruhe. Zeit für ein Resümee übers Heiraten im Allgemeinen und Reden im Besonderen.
Können Sie eigentlich schon vorab sagen, ob die Ehe halten wird?
Ich habe schon ein gutes Gefühl, aber manchmal täusche ich mich auch. Im Vorbereitungsgespräch, für das ich mir immer sehr viel Zeit gelassen habe, merkt man aber meist schon, ob die Harmonie zwischen den beiden stimmt. Das ist ein sehr intensives und persönliches Gespräch. Da laufen auch schon mal die Tränen. Aber genau das will ich erleben.
Warum sind die Emotionen im Vorfeld so wichtig für Sie?
Nur so kann ich eine Rede schreiben, die ganz persönlich auf das Paar zugeschnitten ist. Und das kann ich dem Paar bei der Zeremonie mit Herzblut zurück geben.
Ist denn die Rede das Geheimnis einer guten Hochzeit?
Meiner Meinung nach schon. Eine gelungene Zeremonie ist der schönste Start in den ganz besonderen Tag eines Paares. Es darf nichts Vorgefertigtes sein. Man muss die Aura des Paares und ihre Liebesgeschichte mit dem Blick auf ihre Zukunft verbinden. Dann wird die Sache erfolgreich, dann fließen die Tränen und auch mir geht das Herz auf. Doch auch der Humor sollte in einer Rede nicht zu kurz kommen. Ein herzhaftes Lachen befreit ein Paar vor den inneren Spannungen bei einer solchen Zeremonie.
Die Location und das Drumherum sind also gar nicht so wichtig?
Die sollten natürlich auf das Paar passen. Sie müssen sich an dem Platz, an dem sie sich das Eheversprechen geben, einfach wohlfühlen. Und das kann in 1200 Meter Höhe genauso sein, wie in der Kirche – auch das ist sogar an manchen Orten ohne Pfarrer möglich.
Wie relevant ist eigentlich die Länge der Zeit des Kennenlernens für die Ehe?
Naja, je länger, desto mehr Höhen und Tiefen hat man durchlebt. Die Tiefen sogar meist ausgeprägter, als die Highlights. Das kann ein Vorteil sein. Ich hatte Paare, die bei der Trauung schon 16 Jahre zusammen waren und andere, die sich nur vier Wochen lang vor der Hochzeit kannten – das waren zwei Rentner, die keine Zeit mehr verlieren wollten und nur eine Zeremonie wünschten, die sie miteinander verband, aber nicht ihre Kinder um ihr Erbe bringt.
Und wie viele Ihrer Paare sind eigentlich noch zusammen?
Da ich mit vielen noch in einem engen Kontakt bin, kann ich freudigen Herzens sagen: tatsächlich die Allermeisten.