Alles am Fluss

Alles am Fluss

Die Amper hat es sehr eilig heute. Als würde sie sonst etwas verpassen. Oder dem Sommer hinterher fließen wollen, der sich bereits mit den ersten gefärbten Blättern der Bäume verabschiedet. Wie ein Schnellzug saust sie durch ihr Bett, legt sich elegant in ihre Kurven, und gluckert und gluckst dabei so fröhlich und zufrieden, wie ein gerade gestilltes Baby: Satt vom reichlichen Regen des Sommers und noch warm von seiner heißen Sonne. Und beseelt von der vielseitigen Natur, den unterschiedlichen Landschaften und schönen Orten, denen sie auf ihrem rund 28 Kilometer langen Weg durch den Landkreis begegnet. Auf schmalen und breiten Pfaden haben wir sie einen Tag lang begleitet.

Mal ruhig und entspannt und dann wieder aufgeregt und wild fließt die Amper durch den Landkreis Fürstenfeldbruck.

Mal ruhig und entspannt und dann wieder aufgeregt und wild fließt die Amper durch den Landkreis Fürstenfeldbruck.

Partiell sind die Wege an der Amper ja längst bekannt. Meist sind es aber dieselben, die man läuft – auf der einen Seite hin, und vielleicht auf der anderen zurück. Doch erst die Wanderung auf der (fast) gesamten Länge im Landkreis offenbart die Vielseitigkeit einer Region, die schöner und entspannender kaum sein könnte: natürliche Wälder, wogende Schilfgebiete, spannende Schluchten und romantische Auen. Ob man der Amper nun entgegenläuft, oder ihrem Fluss folgt, ist Gefühlssache. Im Folgenden geht es ihr entgegen, beginnend an der Landkreisgrenze in Geiselbullach, hinter der Müllverbrennungsanlage ...

Schmal und verschlungen ist der Pfad an der Amper hinter der Müllverbrennungsanlage.

Schmal und verschlungen ist der Pfad an der Amper hinter der Müllverbrennungsanlage.

Begleitet vom leisen Glucksen der Kläranlage, brummelt das gigantische Werk wie ein schlafender Riese hinter seiner blauen Fassade. Vorbei an einem Froschtümpel führt der Feldweg schnell zur Amper. Gut hörbar ist der Verkehr der Bundesstraße von und nach Dachau – trotz des frühen Samstagmorgens um 8 Uhr. Sogar noch bei den ersten Schwellen, die die Geschwindigkeit der Amper bremsen sollen, über die sie heute aber unbekümmert hinweg rauscht. Urwald versperrt immer wieder die Sicht auf den Fluss und schließlich ein umgestürzter Baum den Weg. Drum herum ist längst ein Trampelpfad. Im Slalom führt er zur wummernden Autobahnbrücke – schnell drunter durch! Wie man auf der anderen Seite und so nah an der Autobahn (dauer)-campen mag, bleibt wohl immer ein Rätsel. Nach einer winzigen Holzbrücke und eingezäunten Weiden (stolze Falken am Feldrand und ängstliches Kleingetier im Gebüsch aufscheuchend) ist Geiselbullach erreicht. Und damit auch die Möglichkeit eines Seitenwechsels. Links geht es weiter am Golfplatz und Mühlbach schnurgeradeaus und bis zum Wehr in Neu-Esting. Rechts fließt die alte Amper, im gebührenden Abstand zum schmucken Schloss und seinem Traumgarten. Eine Joggerin brüllt im Vorbeilaufen „Danke“ (aha, Stöpsel im Ohr!). Selbst federt man lieber gemächlich auf dem engen Naturpfad und seinem Teppich aus bunten Blättern.

Manchmal sucht sich die Amper einen neuen Weg - dann brechen halt auch mal alte Pfade weg.

Manchmal sucht sich die Amper einen neuen Weg - dann brechen halt auch mal alte Pfade weg.

Die Brücke in Neu-Esting ermöglicht erneut einen Seitenwechsel – beide Strecken gehen durch dichten Wald, rechts liegt aber ein schöner Spielplatz mit Ruhebänken und Picknicktischen. Olching daselbst begrüßt den Wanderer an der rauschenden Fünf-Löcherbrücke (von unten der Fluss, von oben die Züge). Links der Amper führt der Weg am Rodelberg, Volksfestplatz, Vogelpark (sehenswert) und Sportplatz (empfehlenswert: Das Restaurant „Michi’s Sports-bar“) entlang – rechts ist der Weg ebenfalls beschaulich. Und beide begegnen letztendlich dem eindrucksvoll zischenden „Wasserfall“, zumindest wenn viel Wasser in der Amper am Wehr ist. Ein Wechsel auf die andere Seite ist hier nicht möglich. Darum geht es links nahe der Staatsstraße weiter – und rechts direkt an der Amper. Erst an der Brücke in Alt-Esting muss man doch nach links. Herrlich sind ab hier die sich abwechselnden dichten Märchenwälder und Felder, auf denen stolze Fasane spazieren gehen. Und die Amper ist immer nah dabei.

Wenn viel Wasser in der Amper ist, geht es wild zu am Wehr in Neu-Esting.

Wenn viel Wasser in der Amper ist, geht es wild zu am Wehr in Neu-Esting.

Brodelnd braust das Wasser in Emmering unter der Autobrücke. Gleich dahinter führt der Pfad ins idyllische Emmeringer Hölzl. Eine Oase inmitten von Wohngebieten, die man in dem schönen Wald noch nicht einmal erahnt. Und ein romantisches Fleckchen Natur obendrein. Auch weil sich hier der Fluss verzweigt in viele kleine, rauschende Bäche, über die sieben (!) Brücken führen. Punkt 12 Uhr ist Fürstenfeldbruck erreicht. Zeit für eine Rast.

Idyllische Fleckchen und schöne Aussichten mitten in der Stadt findet am besonders am Eisernen Steg.

Idyllische Fleckchen und schöne Aussichten mitten in der Stadt findet am besonders am Eisernen Steg.

Durch die Stadt und nach der Amperoase geht es auf der linken Seite weiter. Der nüchterne Kanal ist direkt langweilig – breit und träge, wie die gestaute Amper hier ist. Etwas weiter wird sie spannender und erinnert mit ihren (Baum)-Inseln, benachbarten Tümpeln und skelettartigen Totbäumen an die Everglades – nur die Alligatoren fehlen. Im weiten Bogen hinter dem Kloster führt die Strecke, weg von der Amper und der Bahnlinie, auf Asphalt, der ein Teil des Jakobsweges ist. Viele Radfahrer sind da. Pilger nicht. Das Rauf und Runter am Waldrand tut jetzt gut. Nur ab und zu taucht die Amper auf, dann verschwindet sie wieder hinter hohem Schilf.

Ruhe-Oase in Schöngeising.

Ruhe-Oase in Schöngeising.

Lange, gerade und über blendend hellem Kies ist der Weg zum Zellhof. Der so idyllisch ist, dass man sich kneifen will um sicher sein zu können, dass man nicht träumt. Zwei riesige dicke Eichen spenden dahinter Schatten, zwei bis drei Mann könnten sie kaum umfassen. Schöngeising empfängt mit Glockengeläut und stärkenden Torten aus „Michis Backstüberl.“ In ein Korsett gezwängt fließt die Amper nun verhalten. Die Strecke links auf dem Damm ist bequem, dann will sie steil hinauf auf den Berg und durch einen dichten und mit riesigen Schwammerln bestückten Buchenwald.

Die Holzbrücke in Grafrath.

Die Holzbrücke in Grafrath.

Ganz oben ist die Sunderburg, von der aber nur das Hinweisschild zu sehen ist. So steil wie rauf geht’s hinab in die Schlucht und nach Wildenroth. Die Kläranlage ist fleißig. Wie Totenköpfe hängen in ihrem Zaun Fragmente von Bäumen und Ästen, die sich vor der Befreiung des Weges durch Motorsägen mit dem Maschendraht vereint haben. Kunst am Zaun. Ganz natürlich. Wochenendhäuser wechseln mit alten und modernen Wohnhäusern ab. Und friedlich ist es hier, fast feierlich. Im Gegensatz zu Grafrath, wo sich an der Amper die Ausflügler tummeln – vor allem die Kanuten – und wo gegen 16 Uhr auch leider der Pfad am Fluss endet. Die letzten, etwa vier Kilometer bis zur Grenze des Landkreises, gehören allein der Natur.

Sehr abwechslungsreich ist der Weg auch auf der anderen Uferseite.

Sehr abwechslungsreich ist der Weg auch auf der anderen Uferseite.

ALTERNATIV-ROUTE:  Ab Fürstenfeldbruck rechts der Amper (aufwärts):

Auf dem Damm laden Bürgerbänke zur Pause, bevor man eintaucht in einen Dschungel aus wild gewachsenen Büschen und Bäumen, die zu Schutz vor den Zähnen der Biber Stulpen aus Maschendraht tragen. Kurz hat der Weg ein paar Tête-à-Têtes mit der Straße, überwiegend verläuft er im Wald. Mal dicht am Fluss, dann wieder weit entfernt. Ein Trampelpfad hinter Buchenau führt schließlich über die Wiese. Er kommt der Amper aber auch nicht wesentlich näher. Zu ihr stößt man erst später und schon fast in Schöngeising. Die Amperstraße hinauf und gegenüber der Scherer-Straße wieder hinab – dort ist der Pfad, den man erst erkennt, wenn man davor steht.

Drüber, drunter oder dran vorbei? Egal, Häuptsache weiter.

Drüber, drunter oder dran vorbei? Egal, Häuptsache weiter.

Einsam ist es auf dem Damm mit seinen Bänken und flatternden schwarzen Libellen. Der Grund ist wohl die Sackgasse an seinem Ende: Meterhohe Gräser, Gestrüpp und dornige Beerensträucher! Nur eine winzige Spur geht hindurch und animiert zum abenteuerlichen Weitergehen Richtung Wald.Tatsächlich ist dort die Fortsetzung des Weges und schöner als erhofft: Herrlich dicht an der beruhigenden Amper, und entlang an schmucken und versteckten Wochenendhäusern: Hier wird nicht gewohnt, hier wird gelebt! Unvermittelt stößt der Pfad auf eine Lichtung. Genau gegenüber der Kläranlage Wildenroth.

Ein bequemer Weg führt direkt ins Zentrum von Grafrath.

Ein bequemer Weg führt direkt ins Zentrum von Grafrath.

Fast gespenstig wirken die einsamen Häuser und Hütten am Rand des Waldes. Ungewöhnlich ist mitten auf der Wiese das Kunstwerk: die an Schnüren aufgehängte Glasperlen glitzern sogar ohne Sonne. Über einen Wiesenpfad taucht der Weg durch ein Loch am Waldrand wieder unter die Bäume und zur Amper. Bis er steil hinauf zur Straße führt in den stillen Ort. Hinter der alten Mühle geht es links nach Grafrath. Gemütlich auf einem schönen Weg durch den Wald, dessen Bäume freche Gesichter tragen.

 

 

Immer wieder begegnet man auf dem Weg an Gesichter: meistens sind sie auf Bäumen gemalt, geritzt oder auf den Rinden mit Tonerde gestaltet.

350 Hochzeiten und kein Reinfall

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Wie früher

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