Buddha-Krippe
Eine große bronzene Buddha-Figur empfängt mich an der Tür. Innen Orchideen und wieder Buddhas, kleinere und mittlere, lachende und in Meditation versunkene. Ein Chinarestaurant?
Nein, eine Arztpraxis. Die Ärztin ist keineswegs Buddhistin. Aber warum die Figuren? „Weil ich mag, was sie ausstrahlen.“ Wir kommen ins Gespräch über Religion und Heilung. Ein Kruzifix, so erklärt sie mir, finde sie nicht hilfreich, gerade nicht in der Naturheilkunde.
„Der arme Buddha!“ seufzt meine Frau, wenn sie bei Tchibo oder im Baumarkt die Paletten voller Plastik-Buddhas sieht. „Im Außenbereich gilt Buddha als Nachfolger des Gartenzwerges“, meldet die Fachpresse. ZEIT-Kolumnist Harald Martenstein erinnert sich an seine Jugenderfahrungen: „Hier wohnt ein Spaßvogel“, sollte der Zwerg im Vorgarten eigentlich vermitteln. Aber deren Besitzer erlebte er meist eher als humorfrei. Martenstein mutmaßt: Die Gartenzwergbesitzer wären wohl gern lustige Lebenskünstler geworden, und von diesem unerfüllten Wunsch zeugten die kleinen Kerle mit ihren Zipfelmützen. Ganz ähnlich zeige die Buddha-Statue eine unerfüllte Sehnsucht ihrer Käufer nach eben der Ruhe und Güte, für sie weder Zeit noch wirklich Lust aufbringen.
Sokrates, Buddha, Konfuzius und Jesus – das waren nach Ansicht des Philosophen Karl Jaspers (1863–1969) die maßgebenden Menschen. Buddha wäre demnach ein universelles Vorbild, und seine Statuen könnten Energie und Weisheit zu uns Betrachtern überströmen lassen. Schön und gut, aber: Hat der christliche Glaube hier nichts zu bieten? Den gequält am Kreuz hängenden Jesus wollen sich – wie die Ärztin – viele Menschen nicht täglich vor Augen führen. Doch es gibt Alternativen:
Ein Freund von mir hätte gern ein altes Kruzifix in seiner Wohnung aufgehängt, aber das dunkle Kreuz kam ihm zu bedrohlich vor. Schließlich brachte ihn der Umbau der katholischen Pfarrkirche Gröbenzell auf die rettende Idee. Er schraubte die Christusfigur ab und hängte sie vor eine goldene Fläche, in der ein blauer Keil als Symbol der Auferstehung nach oben strebt. Eine Darstellung, die täglich neu zum Nachdenken anregt und für viel Gesprächsstoff sorgt.
Auf der Website gutefrage.net sucht jemand „eine Jesusstatue, die dieselbe Ruhe ausstrahlt wie Buddha“. Nirgends konnte er eine finden. Einer macht den Vorschlag: „Nimm doch einfach eine Madonna mit Jesuskind auf dem Arm“. Keine schlechte Idee, finde ich. Traditionell heißt das bei uns „Krippe“ und ist ein umfangreiches Ensemble mit Engeln, Hirten, allerlei Tieren und Weisen aus dem Morgenland.
Mein simplify-Vorschlag: Holen Sie die Figuren nicht erst am 24. Dezember aus der Kiste. Nehmen Sie jetzt, in der Adventszeit, einzelne Figuren heraus, und stellen Sie die für eine alltägliche Mini-Meditation auf – ohne Krippe, in einer anderen Umgebung. Platzieren Sie den ruhigen Joseph neben die Uhr. Besuchen Sie vor dem großen Ansturm der Adventszeit gleich mal in den nächsten Tagen die Holzbildhauerei Kreutz in Gröbenzell, mit einer enormen Auswahl an Krippenfiguren und allem Zubehör. Mein Lieblingsstück sind Maria auf dem Esel mit Joseph. Die wandern bei uns während der Vorweihnachtszeit quer durchs Zimmer, jeden Tag der Krippe ein Stück näher, bis am Heiligen Abend das Jesuskind dort hineingelegt wird.
Werner Tiki Küstenmacher ist evangelischer Pfarrer im Ehrenamt, Karikaturist und Buchautor. Mit seiner Frau, der Autorin Marion Küstenmacher, wohnt er in Gröbenzell. Ihre drei Kinder arbeiten in Melbourne, Herrsching und Wien. Am Sonntag, 31. Dezember 2017, ist Tiki um 10:30 in Radio Bayern 1 in der „Evangelischen Morgenfeier“ zu hören.