Wild Wild West

Wild Wild West

Fotos: Corinna Eichberger-Renneisen / Landesbund für Vogelschutz Fürstenfeldbruck

Text: Petra Neumaier

 

Wer heimische Wildtiere sehen will, braucht beileibe nicht Tierparks zu besuchen. Achtsam durch die Wälder streifend, leise an Flüssen wartend oder bei Nacht langsam über einsame Straßen rollend, zeigt sich im Landkreis eine Vielfalt an wildem Tierleben, die fasziniert. Die Natur und ihre natürlichen Bewohner kehren zurück. Silber- und Graureiher staksen über feuchte Wiesen, auf immer mehr Dächern und Schornsteinen nisten Störche. Schlangen gleiten lautlos durch die Gräser, während der Rotmilan am Himmel seine Kreise zieht und die Schleiereule in der Nacht ruft. Willkommen zurück.  

 

 

Der Landkreis Fürstenfeldbruck vor etwa 400 Jahren. Dichte Wälder, morastige Sümpfe umgeben Siedlungen. Bären, Wildschweine und vor allem Wölfe streifen umher und bedrohen die Bewohner. Aus dem Jahr 1638 berichtet ein Chronist über eine beginnende, regelrechte Wolfsplage. „Zu den Jagden mussten Leute auf weite Entfernung aufgeboten werden.“ Im Jahr 1648 berichtet er von „Rudeln von Wölfen und Wildschweinen überall“. Und als ab März 1785 zwei Monate lang der Winter mit „19 Schneelagen übereinander“ den Landkreis in eisigem Griff hält, lief das Wild sogar zu den Häusern, sah man Füchse auf den Strohdächern.

 

Ganz so wild wird es zwar heute nicht mehr im Landkreis zugehen, dank vermehrter Rückzugsräume werden heimische (und ausländische) Wildtiere jedoch im Landkreis wieder und zunehmend gesichtet. Vor allem nachts kommen sie heraus und an einsamen Straßen. Dann leuchten gelbe Augen im Scheinwerferlicht, knapp über dem Boden oder zwischen Büschen und Baumstämmen. Hier wackelt gemütlich der schwarz-weiß gestreifte Hintern eines Dachses über die Straße oder schauen Füchse erschrocken auf. Feldhasen hoppeln über das Feld, Rehe nehmen noch ein Betthupferl am Waldrand ein.

 

Überhaupt ist die Nacht die beste Zeit, um Wildtieren zu begegnen und zu lauschen. Die Schreie männlicher Füchse können dabei allerdings nicht nur ihre Rivalen erschrecken. Rückzug ist auch geboten beim Grunzen der Wildschweine, vor allem, wenn Frischlinge in der Nähe sein könnten. Lieber mal einen weiten Bogen machen.

 

Viele Arten, die schon als selten bis zu ausgerottet galten, finden ihren Weg wieder zurück in den Landkreis. Minke (einst aus der Zucht ausgebüxter Amerikanischer Nerz) kann man mit ein bisschen Glück beobachten. Weitere Marderarten sieht man unter parkenden Fahrzeugen nicht so gern, obwohl sie eigentlich ganz possierliche Raubtiere sind.

 

An den Flüssen und Bächen sind zunehmend auch wieder Biber heimisch – die abgeknabberten Baumstümpfe zeugen davon und machen sie – nach kurzer Begeisterung – bei Baumschützern nicht gerade beliebt. Noch vor wenigen Jahren waren sie in unserer Region nahezu verschwunden, inzwischen fühlt sich das geschützte Tier an der Amper und anderen Fließgewässern des Landkreises wieder wohl. Im Fußbergmoos hat der Biber eine Sonderstellung und darf mit seinen Dämmen die Wiesen überschwemmen. Eine von den Naturschützern eingebaute Biberdamm-Drainage sorgt jedoch dafür, dass kein neuer Stausee entsteht. Die Bund Naturschutzgruppe in Fürstenfeldbruck bietet gerne professionelle Biberführungen sowie Umweltbildung an Kindergärten und Schulen und Fortbildungsmaßnahmen für Lehrer an.

 

Wo fließendes Wasser, da tummelt sich auch gern die Bisamratte – die zoologisch nicht zu den Ratten zählt, sondern zu den Wühlmäusen. Sie gehören allerdings zu den „illegalen“ Einwanderern, futtern unter anderem unsere bedrohte Bachmuschel auf und sind auch sonst nicht gern gesehen – können aber zum Beispiel in der schlammigen Glonn bei Egenhofen paddelnd beobachtet werden.

 

 

Feuchtgebiete mögen auch Schlangen – harmlose Nattern und die Kreuzotter, die zum Beispiel im Haspelmoor oder bei Gröbenzell hin und wieder und mit viel Glück auftaucht. Die letzte Sichtung einer Kreuzotter im Fußbergmoos war 2015. Allerdings sind die Reptilien auch sehr gut im Verstecken.

 

Ebenso scheu sind Molche (Amphibien aus der Ordnung der Schwanzlurche), die sich jedoch gerne in der Sonne aufwärmen – sogar am hauseigenen Gartenteich. Auf warmen Steinen und auf im Teich treibenden Ästen sonnen sich Wasserschildkröten. Sie wurden vermutlich von Aquarien-Besitzern ausgesetzt und schaffen es anscheinend gut zu überwintern und sich zu vermehren. Bei dem Seitenarm des Mühlbaches in Olching (an der kleinen Schleuse) sind oft viele Exemplare zu sehen.

 

Den Luftraum erobern sich die Raubvögel zurück – oft nah am Straßenrand sitzend oder am Himmel lauern sie auf Beute. Gern gesehen und mit Rastplätzen angelockt von Landwirten, die sich über die Mäusejäger auf ihren Feldern freuen. Weniger erfreut sind Landwirte, die offene Hühnerställe auf Wiesen haben. Die Räuber schlagen nämlich auch gerne mal ein Federvieh. Als hilfreich erwiesen sich bei einer Landwirtin Krähen, die für ein wenig altes Brot die Hühner verteidigen.

 

Auch die Schleiereule ist zurück – dank der fleißigen Mitglieder des Landesbund für Vogelschutz (LBV) im Landkreis. Kaum war ein Großnistkasten in Überacker aufgehängt, war schon eine Schleiereule drin. Eine erfolgreiche Brutsaison hatten auch Dohle und Turmfalke, beide geschützte Vogelarten. Insgesamt brüteten in 108 Großnistkästen 45 Dohlen, 22 Turmfalken und sechs Schleiereulen. In 24 von 38 Kirchen fanden sich auch wieder eine Reihe von Fledermausarten, die zum Teil Jahrzehnte verschollen waren.

 

Und – ach ja. Der Wolf. Schon längst streifen keine Rudel mehr durch die Wälder des Landkreises. 2018 will aber eine Spaziergängerin bei Maisach ein Exemplar gesehen haben. Im April 2023 meldete zuletzt die Gemeinde Türkenfeld die mögliche Sichtung zweier Wölfe – trotz intensiver Suche wurden sie nicht gefunden.  

 

 

Wo man im Landkreis noch „wilde“ Tiere sehen kann:

 

Störche

Wenn es ihnen im vergangenen Jahr gefallen hat, so besteht die Hoffnung, dass im Frühjahr die Storchenpaare in Kottgeisering (Schlauchturm des Feuerwehrhauses) und Maisach (Schornstein der Brauerei) wiederkommen. Ansonsten wurden 2023 ganze Schwärme von Störchen im Palsweiser Moos und entlang der Autobahn gesehen.

 

Heckrinder

Die zotteligen Vierbeiner sind eine Rückzüchtung des Auerochsen oder Ur (Bos primigenus), der im 17. Jahrhundert ausgestorben ist. Der Auerochse war in ganz Europa, Nordafrika und weiten Teilen Asiens beheimatet. Er ist der Stammvater aller bei uns bekannten Hausrinderrassen.

Seit 22 Jahren pflegen die Heckrinder in einem preisgekrönten Projekt das Fußbergmoos – betreut von den Mitarbeitern des LBV. Die Herde besteht derzeit aus sechs Tieren, vier Kühen und zwei Ochsen, die hier auch geboren sind. Durch die fleißige Beweidung der Flächen können sich zahlreiche Insekten und auch Pflanzen und Vögel hier wieder zu Hause fühlen.

 

Brachvogel

Die Art ist in Bayern vom Aussterben bedroht. Bei uns im Landkreis sind die einzigen zwei Wiederansiedelungen in Bayern (Ampermoos und Fliegerhorst). Beobachten kann man die Tiere vom Parkplatz der Mini-Driving Academy, auch ohne sie zu stören.

 

Alpine Steinschafe

Diese Tiere gehören zu der ältesten Rasse im Alpenraum und werden von Max Heilmeier in Biburg gehegt und gepflegt. Mit drei Tieren fing er vor über 20 Jahren an, momentan hat er 30 der weiß-braun-schwarzen Wuschelschafe. Von April bis Weihnachten weidet die Herde auf der Streuobstwiese von Friedls Biohof – einige mähen auch die Wiese bei den Bergmammutbäumen im forstlichen Versuchsgarten in Grafrath.

 

Naturbeobachtungsturm Kottgeisering

Das Ampermoos bei und südlich von Grafrath und Kottgeisering ist eines der größten noch bestehenden Flusstal-Niedermoore Deutschlands! In den 1980er Jahren wurde die Streunutzung wieder aufgenommen und die negative Entwicklung aufgehalten, so konnten seltene Pflanzen- und Tierarten erhalten werden. Vor allem bedrohte und selten gewordene Vogelarten lassen sich in diesem Schutzgebiet wieder nieder. Sie lassen sich am gut mit Fernglas von dem Naturbeobachtungsturm anschauen. Viele Tafeln informieren.

 

 

 

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