Moment Mal …

Moment Mal …

Foto: Corinna Eichberger-Renneisen – Text: Petra Neumaier

Ein bisschen Rätsel gibt die Installation vor dem Rathaus schon auf. Wie eine Schlange windet sich das kupferfarbene Rohr – das auf der einen Seite in einem kleinen Trichter und auf der anderen in einem großen endet. Eine Boa Constrictor mit aufgerissenem Maul, in das Bürger ihre Anliegen einwerfen können? Es könnte natürlich auch ein in die Länge gezogenes Posthorn sein, weil das Amt nicht weit weg war. Oder ist es nur eine Ackerwinde, weil … Wer weiß das schon? Einer zumindest, nämlich der Bürgermeister der Gemeinde, Peter Münster:

„Im Rahmen der Umgestaltung des Rathausvorplatzes wurden im Jahr 2000 Künstler eingeladen, sich mit ihrem Entwurf einer Skulptur zu bewerben“, holt er aus und erklärt, dass die Mehrheit der Bürger zwar für die drei Aluminium-Eichenblätter eines Künstlers war (die finden sich nämlich im Gemeindewappen).  Die Jury entschied sich jedoch für die ungewöhnlichere Installation der drittplatzierten Künstlerin Andrea Viehbach.

Und sie beschreibt ihr Werk so: „Auf die Treppen zum Rathaus ist ein Trichter gerichtet, der in ein immer kräftiger werdendes, sich stark windendes Rohr mündet, das plötzlich im Boden verschwindet. Ein Stück weiter kommt es wieder aus dem Boden, sucht schlingend seinen Weg und endet in einem wesentlich größeren Trichter, der sich in Richtung Ortschaft öffnet – vom Rathauseingang weg zeigt auf den Bürgersteig … Die Sprach-Hörskulptur windet sich diagonal über den gesamten Vorplatz des Rathauses und nimmt so die Bewegungsdynamik auf, die durch das Kommen und Gehen der Passanten im Eingangsbereich des Rathauses entsteht.“

Ob es nun ein überdimensionales Sprachrohr darstellen soll, das vom Rathaus in die Gemeinde gerichtet ist, oder ein riesiges Hörrohr für die Bürger in das Rathaus (oder umgekehrt?), das überlässt sie dem Auge des interpretierenden Betrachters. Reizvoll ist das Werk allemal. Denn beide Rohre, die im Boden verschwinden, sind unterirdisch miteinander verbunden, so dass sich die Skulptur als Sprach-, wie auch als Hörrohr benutzen lässt. Frei nach dem Motto: Wie es hineinschallt, schallt es heraus. Hüben wie Drüben. Jedenfalls ist es kein Posthorn und keine Boa, aber tatsächlich auch eine Ackerwinde. „Die hyperbolische Form der Trichter ist in der Natur entliehen (Ackerwinde); sie ist aber auch im näheren Umfeld zu finden (zum Beispiel im Grundriss des Rampenaufgangs).

Gefangen in Herrnzell

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Tom Sander

Tom Sander