Klein und fein

Klein und fein


Fotos Corinna Eichberger Renneisen, Text Ricarda Traub


„Totale Einöde“ sagen die einen, „Ein kleines Idyll“, schwärmen die anderen. Was nun auf Brandenberg zutrifft, darüber lässt sich streiten. Eingebettet zwischen den Ortschaften Moorenweis, Geltendorf, Türkenfeld und Kottgeisering liegt das beschauliche Dörflein. Still. Und umgeben von Wiesen, Wäldern und weiter Flur.

Ein Marterl mit Bank am Ortseingang, eine kleine Kapelle. Eine einzige Straße. Dann ist man auch schon durch. Zehn Häuser, 41 Einwohner. Der jüngste ein halbes Jahr, der älteste 82. Man kennt sich.

Auch Alois Schmid lebt hier. Er ist ein echtes Urgestein. Geboren in München, hat er im zarten Alter von drei Wochen den Brandenberger Boden „betreten“ und ist bis heute geblieben. Kindheit, Jugend und das Erwachsenendasein verbringt er dort. Gestaltet das Fußballvereinsleben mit, übernimmt den elterlichen Hof und gründet eine Familie. Die zwei erwachsenen Kinder leben auch heute noch im gleichen Haus. „Mir fehlt hier nichts, mit der Natur habe ich alles, was ich brauche“, sagt der 75-Jährige. Man ist eben „dahoam“. Und das schon seit 400 Jahren. Die ersten „Schmids“ besiedeln den Ort um 1630. Eine wirklich lange Familiengeschichte.

Auf einem „Hochplateau“- umfasst von Wäldern, liegt Brandenberg. Klein, fein und sehr idyllisch.

Apropos Geschichte. Die Historie von Brandenberg reicht bis zu Kaiser Karl dem Großen (768-814) zurück. Urkundlich erwähnt wird der Ort als „Prantenberc“ aber erstmals 1140. Ein Adliger Hermann von Brandenberg brachte damals seine Tochter in das Nonnenkloster Wessobrunn (Landkreis Weilheim-Schongau) und übereignete diesem ein Brandenberger Gut.

Besondere Vorkommnisse? Durchaus. „1946 wüteten ein schweres Gewitter und ein heftiger Sturm“, erinnert sich Alois Schmid, „der ganze Wald wurde ringsherum weggerissen“. Auch interessant: Bei Notgrabungen wurden 1980 unter der Ortskapelle mehrere Gräber entdeckt. Die menschlichen Knochenfunde zeugen davon, dass vor rund 1200 Jahren Bajuwaren hier wohl ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Später musste dann das Fundament der ersten hölzernen Kapelle mitten auf den Friedhof gelegt worden sein.

Der Lieblingsplatz von Alois Schmid: Am Weiher hat ihm der Nachbar einen Thron angefertigt.


Ansonsten ist es hier eher ruhig und es sorgt niemand für Schlagzeilen. Der Weiher oder die „Schworze Lacha“, wie es im hiesigen Dialekt heißt, ist aber definitiv eine Meldung wert. „1968 hat ihn mein Vater ausgebaggert“, erzählt Alois Schmid, „jahrelang konnte daran aber nichts mehr gemacht werden, weil das Gebiet unter Naturschutz gestellt wurde“, sagt er weiter. Erst im Jahr 2017 darf wieder Hand angelegt werden und der ehemalige Landwirt renaturiert das Juwel selbst. Ein 80 Meter langer Blumenstreifen, sowie Bänke und Holzskulpturen, angefertigt von „Meister Fridolin“, zieren den Rückzugsort.

„Meister Fridolin“ heißt eigentlich Fredl, ist Holzkünstler und lebt auch in Brandenberg. Gleich gegenüber von Alois Schmid. Für diesen hat er auch einen Thron angefertigt. Mit Baldachin. „Bei Regen, wenn das Wasser darauf prasselt, fühle ich mich darauf richtig geborgen“, so der Rentner. Aufstehen, Kaffee trinken, eine Runde drehen und dann ab an den Weiher. „Er kommt bloß heim, wenn er Hunger hat“, verrät seine Frau lachend. „Es könnte nirgends schöner sein“, schwärmt ihre bessere Hälfte. Es ist ein Paradies für Mensch und Tier. Graugänse und ihre Jungen, Stockenten oder Ringelnattern finden hier Unterschlupf. Die einmalige Idylle ist bereits über den Landkreis hinaus bekannt und lockt viele Neugierige an. Das Schöne: „Es hinterlässt keiner nur den geringsten Müll“.

So still wie zu Anfang gedacht ist Brandenberg dann also doch nicht. Im Sommer herrscht hier zudem reger Durchgangsverkehr. Autofahrer nutzen den Ort als Verbindung zwischen Kottgeisering und Moorenweis, Radfahrer machen einen Ausflug zu einem der vielen umliegenden Seen. Brandenbergs Umgebung bietet außerdem herrliche Wanderwege. So lädt der „Schönwald“ zu einem ausgiebigen Spaziergang ein. Hunderte Buchen spenden Schatten im Sommer und bieten ein prächtiges Farbenspiel im Herbst. Ansonsten sucht man sich einfach ein nettes Bankerl oder breitet die Picknickdecke aus. Und schaut. Und hört. Und riecht. Und genießt – das kleine schöne Fleckerl Erde im Landkreis. Vielleicht auch auf dem Thron am Weiher.


Steckbrief Brandenberg            
Einer von 14 Gemeindeteilen von Moorenweis

Namensherkunft:

„Branden“ von „brennen“ und „Berg“ von „Burg“, also eine durch Brennen entstandene freie Fläche, auf der eine Burg steht. Dieser Burgstall ist heute noch zu erkennen, nämlich an der hügelartigen Erhebung, die von Moorenweis kommend vor dem ersten Bauernhof liegt.

Typ:
   

Weiler – aus wenigen Gehöften bestehende, keine eigene Gemeinde bildende Ansiedlung


Einwohner:

41


Sehenswert:

·         „Schworze Lacha“   Wegbeschreibung siehe Anhang
Renaturierter Weiher zum Verweilen am Ortsausgang Richtung Kottgeisering

·         Katholische Kapelle Mariä Heimsuchung mit 500 Jahre alter Marienstatue
1880 im neugotischen Stil errichtet. Altäre im romanisch-gotischen Mischstil. Ab und an Messen und Rosenkranz. (Von Moorenweis kommend auf der rechten Seite, Brandenberg 8)

·          

·         Schönwald
Reiner Buchenwald für ausgiebige Spaziergänge und/oder Radtouren. 
Erreichbar auf der Straße von Kott­geisering nach Jesenwang. Etwa 250 Meter hinter der Bahnunterführung nach links in die Zufahrt zum Wertstoffhof einbiegen. Dem Weg einen knappen Kilo­meter bis zum Waldparkplatz folgen.


So kommt man hin:
Am besten mit dem Auto oder dem Fahrrad, außer dem Schulbus fährt kein Linienbus den Ort an. Einen Ruf-Bus gibt es abends um 21 Uhr.

Stefan Cohrs

Stefan Cohrs

Dominik Nagel

Dominik Nagel