Das Nonplusultra-Haus
FOTOS: Simon Katzer; TEXT: Petra Neumaier
Martin Lohde zeigt stolz auf den Energieausweis: „A+“ steht da, grün auf weiß, ein Prädikat, das allenfalls moderne Elektrogeräte ziert. Das Haus, das er gemeinsam mit seinem Bruder Stephan im vergangenen Jahr auf dem Grundstück seiner Eltern in Fürstenfeldbruck baute, ist das Ergebnis langer und ausgeklügelter Planungen, die nur eins zum Ziel hatten: ein schönes Mehrfamilienhaus, das so wenig wie möglich Ressourcen verbraucht und so viel wie möglich energetisch autark ist. Und vielleicht noch mehr.
Ab 2014 hatte der Gartenbauarchitekt und Organisator der Fürstenfelder Gartentage das Projekt geplant. Am 31. März 2020 erfolgte der Spatenstich. Nach kaum sieben Monaten konnten sein Bruder und die weiteren Mieter einziehen. In ein Haus, das aus heimischem Fichtenholz aus der Region von Landsberg besteht. Die Wärmedämmung besteht aus Zelluloseflocken aus Altpapier, die zwischen Weichholzfaser- und Holzplatten gepresst sind. „Die Wohnqualität ist super!“, sagt Stephan Lohde und führt durch seine Wohnung, die mit Fußbodenheizung und integrierter Belüftung ausgestattet ist. Aus Vollholz sind zudem die Fenster, Böden, Decken und Treppen im Haus. „Insgesamt sind hier 80 Tonnen CO2 gebunden“, sagt Martin Lohde und erklärt: Durch die Ernte des Waldes und Verwendung als Baumaterial bleibt das, was die Bäume der Atmosphäre genommen haben, im Holz. Beim Verbrennen oder Vermodern würde das CO2 wieder freigesetzt. Und weil die Bäume nachgepflanzt werden, „ergibt alles einen Sinn.“
Das ausgeglichene Klima, die gleichbleibende Wärme im Winter und sogar Kühle selbst bei großer Hitze im Sommer (sogar in der Dachwohnung), überraschen und begeistern. Genauso die hohe Stromproduktion auf dem Dach: Ein Speicher im Keller kann einen Teil aufnehmen, der Rest wird ins Stromnetz eingespeist und verkauft. Nur im Winter müssen etwa 30 Prozent zugekauft werden.
In der Jahresbilanz produziert das Haus aber mehr Strom, als es verbraucht und mit dem Überschuss können sogar zwei E-Autos aufgeladen werden. Auch im Winter reicht die Erdwärme aus um das Haus kuschlig zu heizen: Auf 80 Quadratmetern und in 1,50 Meter Tiefe unter dem Rasen versteckt sind die Erdwärmekollektoren. Die hier aufgenommene Temperatur wird in einer Waschmaschinen-großen Wärmepumpe genutzt, um der 600 Liter Heißwasser-Kessel (Pufferspeicher) zu bedienen: „Selbst wenn alle vier Parteien gleichzeitig duschen, bekommt das niemand mit“, stellt Stephan Lohde erfreut fest.
Der einzige Wermutstropfen des Hauses ist der Keller. Denn einen adäquaten Ersatz für Beton, ein Baustoff, der immense Mengen an CO2 beim Abbau, der Herstellung, Verbau und Entsorgung produziert, gibt es nicht. Lohde zuckt mit den Schultern: 40 Tonnen CO2 durch den Keller freigesetzt, 80 Tonnen mit dem Holz gebunden. „Immer noch weit besser als andere Häuser“, lautet seine Bilanz.
„Es ist ein Wahnsinn, wie einfach es geht. Die technischen Voraussetzungen für ein Plus-Energie-Haus sind alle vorhanden und die Fördermittel sind beträchtlich“, sagt Martin Lohde. Gerne hilft er als Berater anderen ökologisch ambitionierten Häuslebauern und hofft auf Möglichkeiten, noch mehr solcher Häuser im Landkreis zu initiieren. Denn „der Gebäudesektor ist enorm wichtig“, bekräftigt das Mitglied des Fürstenfeldbrucker Umweltbeirats und weist auf das Ziel der Bundesregierung hin, bis 2045 die Klimaneutralität in Deutschland erreichen zu wollen. „Da kann es nicht sein, dass immer noch neue Häuser mit Öl- oder Gasheizungen gebaut werden“.