5 Fragen über die Vergangenheit

5 Fragen über die Vergangenheit

Text: Ricarda Traub, Foto: Simon Katzer

Was war mit Vater? Isolde Schuster wollte es wissen. Zur Welt kam sie 1942 in der Wifo-Werkssiedlung in Unterpfaffenhofen: ihr Vater Alois Ramgraber war SS-Wachmann der Wifo-Tankanlage. 1943 wurde er in den „totalen Krieg“ eingezogen und kehrte nicht zurück. Anhand von Briefen, amtlichen Papieren, Fotos und Erinnerungen beschäftigte sich Isolde Schuster intensiv mit der Vergangenheit.

 

Warum sind Sie Ihrer Familiengeschichte auf den Grund gegangen?

Wenn ich nach den Ereignissen von 1933 bis 1945 fragte, hörte ich Ausflüchte statt Antworten. Mich bewegte ein Leben lang: Was war passiert, was man uns Kindern nicht erzählen wollte? Es war ein ständig bohrender Stachel. Denn die Folgen für uns waren dramatisch und langwierig. 

 

Wieso ist Ihr Buch darüber erst jetzt erschienen?

Als ich nach Mutters Tod 2006 entdeckte, dass die Dokumente und Briefe meiner Eltern in verschlossenen Schachteln lagerten, fing ich an diese zu sortieren und zu lesen. Erst mit 72 Jahren ging ich in den Ruhestand und hatte Zeit, sie auszuwerten. Ich wollte auch wissen, wie verstrickt unser Vater in die Nazi-Ideologie und -Verbrechen war.

 

Wie ging es Ihnen bei der Recherche?

Gut, weil ich endlich die Unwissenheit beseitigen konnte. Ich erkannte, dass er ein lieber Mensch war und seine Familie liebte. Er lebte in einer schwierigen Zeit, suchte Arbeit und ließ sich von Heinrich Himmler für die Nationalsozialisten begeistern.

 

„Es gibt mir innere Ruhe“

 

Konnten Sie Frieden mit ihm schließen?

Ja, weil ich seine Beweggründe verstehe, warum er zur SS ging. Über seine militärischen Kriegseinsätze weiß ich nur die Orte, aus denen er nach Hause schrieb, nicht die Befehle. Das Einzige, was ich bereue ist, dass ich mich nicht schon früher ans Werk gemacht habe.

 

Sind Sie glücklicher, weil Sie die Vergangenheit kennen?

Es gibt mir innere Ruhe. Ich kann Menschen verstehen, die nicht über das Nazi-Thema reden wollen, aber seinen Kindern sollte man die Wahrheit sagen.

 

Isolde Schuster kehrte 1968 in die Wifo-Siedlung in Unterpfaffenhofen zurück, wo sie heute noch lebt. Nach einer harten Kindheit und Jugend an verschiedenen Stationen auf dem Land studierte sie Betriebswirtschaft Betriebswirtschaft und gründete später ihre eigene Consulting-Firma und Marketing-Agentur mit den Schwerpunkten Management-Training und Marktforschung. Sie heiratete 1969, bekam einen Sohn und eine Tochter und engagierte sich politisch im Gemeinderat. Ihr Tatsachenbericht „Der vermisste Vater Alois Ramgraber“ ist 2020 im Bauer-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich.

 

 

Zurück zu den Wurzeln

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