Spaß und Ärger mit dem Elektroauto
In der Schule war es von Vorteil, wenn man das Lieblingsgesprächsthema des Lehrers kannte. Gelang es, ihn auf diese Schiene zu lotsen, war die Stunde gerettet. Statt uns auszufragen, redete unser Deutschlehrer begeistert über die Zubereitung von Tee – und alle waren glücklich. Damit Sie mich glücklich machen können, falls Sie mir mal im Landkreis begegnen: Mein Leib- und Magenthema sind Elektroautos.
Schon als kleiner Junge hat es mich genervt, dass ein Auto im Leerlauf Benzin verbraucht, obwohl es nur dasteht. Jahrzehnte hat es gebraucht, bis die Ingenieure meinen Traum umgesetzt hatten und den Motor an der Ampel automatisch ausgehen lassen.
Fossile Brennstoffe gehen zur Neige und belasten die Atmosphäre durch den Ausstoß von CO2. Und zwar enorm: Nach 10 Tankfüllungen hat ein Auto mehr CO2 erzeugt, als es selbst wiegt! Dabei herrscht auf unserem Planeten kein Mangel an Energie. Die Sonne liefert Unmengen davon, die sich mit Kollektoren, Wasser-, Wind-, Wellen- und Gezeitenkraftwerken auffangen lassen. Schon heute liefern deutsche Wind- und Solaranlagen bei schönem Wetter mehr Strom, als gebraucht wird. Strom ist die Energieform der Zukunft.
Auch wenn es noch viel zu tun gibt. Unser Stromnetz muss weiter ausgebaut werden. Um 20 Prozent, falls eines Tages nur noch E-Autos herumfahren. Auch die Herstellung der Akkus kostet Energie und Rohstoffe. Aber unterm Strich wäre die Bilanz positiv: Weniger Giftstoffe in der Luft, Aussicht auf eine nachhaltige Wirtschaft.
Deshalb haben wir uns mehrmals einen Tesla S gemietet und die enorme Power seines Riesenakkus erlebt. An den Autobahnen Europas stehen in cleveren Abständen spezielle Tesla-Schnellladestationen. Mit deren Hilfe sind wir bis nach Nordschweden gekommen, ohne jemals Angst haben zu müssen, liegenzubleiben. Doch so unbekümmert wie mit einem Benziner oder Diesel sind wir trotzdem nicht gereist. Größere Touren mit einem E-Schlitten erfordern Planung, und wegen der Ladestopps muss man auch mehr Zeit mitbringen.
Deshalb ist dann doch kein eigener Tesla geworden, sondern ein gebrauchter Passat GTE. Mit seiner 10 kWh-Batterie kommen wir von Gröbenzell nach München und zurück. Auf weiteren Strecken springt ein Benzinmotor ein. Doch ich staune, wie viele unserer Touren kürzer sind als 50 km.
Und wie viele Ladesäulen inzwischen überall herumstehen. Leider bei näherem Hinsehen ein ätzendes Thema. Eine Kilowattstunde Strom aus der heimischen Steckdose kostet rund 0,25 €. An den meisten Ladesäulen aber verlangen die Stromversorger das Doppelte, plus Grundgebühr, plus Standgebühr pro Minute. Um das zu bezahlen, braucht man eine Ladekarte. Die werden von zig Unternehmen angeboten. Was mit wem kompatibel ist, beginne ich erst langsam zu durchschauen. So wird die Freude am umweltfreundlichen Fahren schon wieder abgewürgt. Meine Reaktion: Ich habe mir ein langes Kabel gekauft und bitte meinen Gastgeber um eine Stromspende. Das geht bei Privatleuten gut, bei Hotels manchmal. Firmen oder gar Behörden dagegen reagieren eher zickig.
Daneben gibt es erfreulicherweise Elektrizität auch gratis. Etwa drehstromnetz.de, „das Netz von und für Elektrofahrer“. Die Mitglieder haben eine öffentlich zugängliche Starkstromsteckdose vor ihrem Haus. Allein in unserem Landkreis gibt es davon über 40. Das Prinzip ist vergleichbar mit couchsurfer.com: Wer eine „Drehstromkiste“ anbietet, darf auch die von allen anderen benutzen. Einige Aldi-Filialen verschenken Strom an ihren Ladesäulen. Leider nicht rund um FFB, die nächstgelegene ist in München-Allach.
Der schönste Strom kommt demnächst vom eigenen Dach. Eine Photovoltaikanlage im Landkreis kann sich auf über 1.000 Sonnenstunden pro Jahr freuen. Hat sie sich (bei uns nach etwa 7 Jahren) amortisiert, ist die erzeugte Energie wirklich und wahrhaftig umsonst!
Werner Tiki Küstenmacher ist evangelischer Pfarrer im Ehrenamt, Karikaturist und Buchautor. Mit seiner Frau, der Autorin Marion Küstenmacher, wohnt er in Gröbenzell. Die Küstenmachers haben drei auf die Welt verteilte Kinder. Am Erntedanksonntag, dem 7. Oktober 2018, ist Tiki um 10:00 in Radio Bayern 1 zu hören (Evangelische Morgenfeier).