Jodeln und Brodeln – Karteln und Drahen
„Hoi di ri e djo - hoi di ri e djo - dl di“, hallt es aus dem Wald und über die blühenden Wiesen beim Jexhof. Und so schön ist der mehrstimmige Gesang, dass es schon fast kitschig ist. Ob Jodeln, Volkstanz, Bierbrauen oder Schafkopfen: Brauchtum erlebt eine Renaissance. GUSTL hat sich auf die Suche gemacht nach Kursen und Orten, wo Mann und Frau im Landkreis alte, bayerische Kulturgüter erlernen können. Ein Selbstversuch, der wirklich eine große Gaudi war. Nachahmung unbedingt empfohlen.
AUF DA OIM
Dreierlei fällt auf, an diesem für einen Samstag frühen Morgen im Bauernhofmuseum Jexhof: erstens die hohe Frauenquote (vergleichbar mit dem Volkstanzkurs), zweitens die Freude in den Gesichtern der Sänger (und zwar in ALLEN!) und drittens die Erleichterung von Kursleiter Thomas Höhenleitner, als seine Kurs-Mitleiterin Monika Baumgartner erscheint. Nicht die Schauspielerin, sondern die bekannte Volksmusikantin und Musiklehrerin aus Mühldorf.
Seit 12 Jahren findet regelmäßig der Jodelkurs in dem schmucken Bauernhofmuseum statt. Und auch ohne Jodeldiplom ist die Teilnehmerzahl groß. Die Motivation ist es nicht minder. „Noten und Text gibt es aber erst hinterher“, kündigt der Fürstenfeldbruck Volksmusikliebhaber an und strahlt: „Jodeln“, sagt er dann begeistert, „muss man spüren. Das ist eine musikalische Begegnung und einfach ein herrliches Klangerlebnis.“ Was er auch im Duett gleich mit Monika Baumgartner beweist. Ein paar Sänger summen fröhlich mit. Einige sind nicht zum ersten Mal dabei, oder aber Gast des monatlichen Jexhof-Singstammtischs von Thomas Höhenleitner.
Dann dürfen alle. „Auf da Oim, jo i je i jo guggu“, singen wir nach kurzem Üben schon vierstimmig. Und grad lustig hüpft dabei die Kopf- mit der Bruststimme um die Wette, dass der Registerwechsel nur so knacks. Alles ist erlaubt. Falsche Töne sind gar nicht schlimm und auch die Aussprache der Zungenbrecher geht beim Jodeln wie von selbst. Mal mit, mal ohne Gitarre üben wir drei Lieder, dann geht‘s in kleinen Gruppen raus. Die eine jodelt fröhlich hinterm Hühnerstall, die andere vor dem Jexhof. Wo die vorbeiradelnden Ausflügler vor lauter Kopfdrehen fast vom Radl fallen. Nach dem Mittag geht es dann in den Wald. „Mei is des schee“, bewundern wir uns und die Spaziergänger tun das sowieso. Direkt schad ist es, als die Kursleiter zum letzten Wiederholungsjodler einladen. Naja, bis zum nächsten Mal dauert’s ja nur noch ein Jahr.
Jodelkurs im Jexhof, www.jexhof.de
Jexhof Singstammtisch mit bayerischen Volksliedern und Jodlern, einmal im Monat am Donnerstag von 18.30 bis ca. 21.30 Uhr (Termine unter www.jexhof.de)
SAUMÄSSIG SCHWER!
Komisch schau‘n die Karten aus, merkwürdig sind die Namen: „Sau“ für das feine Ass! Also wirklich!! „Kommt man mit dem Blatt und der Schafkopf-Sprache zurecht“, heißt es auf einer Seite im Internet, „sind die Regeln schnell gelernt.“ Ha, ha! Auch nach mehreren, geduldigen Erklärungen, stundenlangem Zuschauen und Internetschulung bleiben Fragezeichen. Drei verzweifelte Versuche.
Versuch 1: Der geduldige Freund. Erst mal Karten auslegen. Ober, Unter, König ... Sau? Na gut, dann halt Sau. Pik ist Gras, Karo eine Schelle, das Kreuz eine Eichel. Wenigstens das Herz darf ein Herz bleiben. Aber dann. Kaum denkt man, man hat das Spiel kapiert, ändert sich schon wieder die Reihenfolge der Wertigkeit und immer ist eine andere Karte Trumpf – je nachdem ob Wenz oder Sauspiel oder Farbwenz oder ein Solo gespielt wird ... Sakradi noch einmal – Ja reicht denn nicht EIN SPIEL? Der Freund geht, seine Geduld auch.
Versuch 2: Dort hingehen, wo die Profis sind. Zum Brucker Schafkopfa e.V. Jeden Freitag spielen die Herren und vereinzelte Damen ab 16 Uhr in Emmering. Egal ob es regnet oder die Sonne scheint oder Feiertag ist. Eine fröhliche Runde ist das, seit 2010. Vorsitzender Peter Dillmeier, Stellvertreter Walter Landgraf, Kassiererin Angelika Weißsteiner-Dillmeier und Schriftführer Horst Meier sind schon am Zocken. Zack, zack, zack, zack geht das, dass einem schwindlig wird. Peter Dillmeier erbarmt sich und fängt das Erklären im Allgemeinen und mit dem Verein im Besonderen an. Der mit sieben Spielern anfing und jetzt 35 Mitglieder hat. Weiblicher Anteil steigend. Seit 1974 kartelt der Vorstand, seine Frau seit 13 Jahren. Sie ist jetzt auch diejenige, die das Erklären des Spiels übernimmt. „Am besten zuschauen“, sagt sie dann, aber obwohl die Vier „gaaaaanz langsam“ spielen (was immer noch wie ein Zeitraffer aussieht), wehrt sich der Verstand gegen das Verstehen. Drum sag ich jetzt auch „weida.“
Versuch 3: Das Internet. Und gleich elf Grundregeln. Ganz genau werden hier die Karten sortiert, nach Wert, nach Augen und zum ersten Mal schnackelt es im Hirn. Das Zusammenzählen der Augen klappt nach einiger Übung gut (wenn auch noch etwas träge). Nur mit dem Stich will es manchmal nicht so ganz hinhauen. Auweia! Aber ein wenig Licht ist doch ins Dunkel gebracht und vielleicht, wenn man fleißig weiter übt, wagt man sich ja doch mal zu der netten Truppe in Emmering an den Tisch. „S‘ braucht ja“, wie Angelika sagt, „nur Jahre, bis man das Spiel wirklich beherrscht.“
Brucker Schafkopfa e.V., Treffen jeden Freitag ab 16 Uhr bis 23 Uhr – Kommen kann jeder zu jeder Zeit, der bereits spielen kann. Außerdem organisiert der Verein, dessen oberstes Gebot ist, die Tradition des bayerischen Kartenspiels zu erhalten, fünf offene Turniere im Jahr – jede weibliche Teilnehmerin bekommt sogar ein Geschenk. www.schafkopfverein-ffb.de. Empfehlenswert ist das Erlenen im Internet, zum Beispiel: www.sauspiel.de/schafkopf-lernen
DRAHN, DRAHN UND NOCHMAL DRAHN
„Können muss man nichts. Es geht nur um den Spaß!“, beruhigt Heidi Strama und das hört sich doch schon mal ganz gut an. Schließlich ist sie die zweite Vortänzerin neben dem ersten, Robert Halm. Der ist auch ganz begeistert, mal ein neues Gesicht zu sehen. Neben ein paar Mitgliedern des Heimat- und Volkstrachtenvereins Olching sind es ja meist dieselben, die zum alljährlichen Volkstanzkurs kommen. Zum Auffrischen und weil es ja sonst kaum Gelegenheit gibt, die alten Tänze zu tanzen. 30 Teilnehmer sind es heute, darunter nur drei Männer – Heidi Strama verdreht ein wenig die Augen. „Es is halt wie überall“, seufzt sie und dass das aber gar nix macht. Weil ja Frauen auch beim Tanzen ihren Mann stehen.
Beim Hiartamadl fängt’s jedenfalls an. Ein ganz einfacher Schritt, sagt der Robert und macht es mit der Heidi vor: „Außa Dupfa, innen Dupfa, dann an Draher mit vier Schritt, dann gehen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, außa Dupfa, innen Dupfa …“ – Oha! Aber nach der dritten Drehung – geführt vom ehemaligen Vortänzer und Vorstand Otto Reich, klappt’s schon ganz gut und nur ab und zu beim Drahn und Dupfan kommt man mal durcheinand‘ oder mit den Nachbarn ins Geheg‘. Aber zumindest für ländliche Hochzeiten, wo der Hiartamadl noch immer gern getanzt wird, ist man jetzt gewappnet.
Mit dem „Kikeriki“ geht’s gleich weiter: Vier Schritt vor, drahn, vier Schritt gehn, drahn, Dupfa, Dupfa, drahn, Dupfa, Dupfa, drahn und von vorn … Wie noch mal? Der langsame Boarische mit Wechselschritt und vier Figuren erfordert noch mehr Konzentration und Gleichgewicht: Permanent muss sich das „Dearndl drahn“ und immer in eine Richtung … spätestens nach der fünften Runde und wenn man schwindlig in die Arme des Tanzpartners fällt, ist die Absicht erkannt. Die Männer hupfn und klatschn derweil über dem Bein und drunter und auch ihnen rinnt der Schweiß von der Stirn. Volkstanz ist Sport und Gehirnjogging obendrein. Beim Woaf (einer Rheinländerfassung) wird’s noch diffiziler: Durch verschränkte Arme muss man drahn (ohne sich zu verheddern), mit wippenden Schritten mal hier, mal da sich anschauen, dann unter dem Arm des Partner drehen und in den selbigen wieder landen zum Walzer. Puh! Macht aber wirklich Spaß. Weil sich auch der Erfolg schnell einstellt und es einfach schön ausschaut.
Brauttanzwalzer, Polkas, d’schee Marie, Knödldraher, Bauernmadl, Steyregger ... Insgesamt 20 verschiedene Volkstänze werden an den vier Abenden eingeübt und ja, es ist eigentlich wirklich nicht „schwa“ und in jedem Alter möglich: Der älteste Teilnehmer ist 93 Jahre! „Volkstänze sollte jeder können“, sagt Otto Reich und Recht hat er!
Seit 1980 bietet der Heimat- und Volkstrachtenverein Olching (135 Mitglieder) an vier aufeinanderfolgenden Dienstagen und Donnerstagen im April/Mai Volkstanzkurse an. Abschluss ist ein Tanzabend. Am 23. November findet ein öffentlicher Volkstanzabend mit „Danzlmusi“ im SCO-Heim statt. www.trachtenverein-olching.de
Weitere Volkstanzkurse und -abende:
Germering: Pfarrsaal St. Martin. Übungsabend 11. und 25. Juni sowie 9. Juli, 19.30 bis 21.30 Uhr, Abschluss 23. Juli 19 bis 23 Uhr
Eichenau: Friesenhalle, Volkstanz (für Geübte) Samstag, 27. Oktober, 19.30 Uhr
Hattenhofen; Gasthaus Eberl, Volkstanz, Samstag, 27. Oktober, 19.30 Uhr
Puchheim: PUC, Volkstanz, Samstag, 17. November, 19.30 Uhr
GUT BIER WILL WEILE HABEN
Na Bravo: Über vier Stunden! Einmaischen, Erhitzen, Messen, Läutern, Messen, Rechnen, Auffüllen, Kochen, Messen, Umfüllen … und immer wieder spülen. Und auch dann ist das Bier noch nicht fertig. Selbstbrauen, das wird ganz schnell klar, braucht Geduld. Und Wissen. Und bappig ist es auch. Trotzdem ist das Handwerk „in“. Der Kurs „Bierbrauen am Kochtopf“ der Volkshochschule Olching von Brauingenieur Ernst Mayer ist ausgebucht (von sechs Männern und vier Frauen). Und das liegt nicht nur an den Verkostungen in den langen Geduldsphasen.
Was schon mal positiv ist: Ein besonderes Equipment braucht man fürs Brauen nicht. Ein großer Topf, ein Thermometer, Kochlöffel, Salatsieb, Schöpfer, Eimer, Stoffwindel (!) und Flaschen. Mehr nicht. Und natürlich Malz, Hopfen, Wasser und Hefe. So einfach die Zutaten, so diffizil ist das Brauen selbst. Das erst mal damit beginnt, aus der Gerste Malz zu machen: Mehrere Tage dauert das Keimen und das schonende Trocknen – gut, dass Ernst Mayer bereits vorgearbeitet hat. Geschrotet kommt das Malz deshalb gleich mit Wasser in den Topf (= Maischen) und wird langsam, gaaanz laaaangsam, auf 50 Grad erhitzt! Da bleibt der Sud dann erst mal zehn Minuten lang (Obacht geben!), bevor er auf 62 Grad (30 Minuten) und dann auf 72 Grad gebracht wird. Mindestens zehn, maximal 30 Minuten später wird, nach erfolgreicher Jodprobe, die Brühe mit seinen Spelzen in das Sieb geschöpft. Und schaut als jetzt „Läuterwürze“ auch nicht appetitlicher aus!
Das wird auch nicht besser nach nochmaligen Filtern und Verdünnen und Zugabe von Hopfen, der nun grünlich auf der Oberfläche schimmert – sehnsüchtig blicken wir auf die bernsteinfarbene Kostprobe einer hiesigen Brauerei im Glas ... Ach ja! Unser Gesöff muss nämlich noch mal gekocht und durch die Stoffwindel gefiltert werden, bevor die Hefe dazukommt. Mindestens sieben Tage steht das Bier dann in der Kühlung und wenn man alles richtig gemacht und sauber gearbeitet hat, die Flaschen bei der Gärung nicht geplatzt sind und man sich nicht verrechnete, ist es sogar trinkbar. Das bereits vor- und selbstgebraute Bier von Ernst Mayer ist es jedenfalls. Prost!
Als Diplomierter Ingenieur im Brauwesen und der Getränketechnologie, war Ernst Sebastian Mayer (59) aus Olching jahrzehntelang bei einer großen, bayerischen Brauerei als Spezialist für das Reinheitsgebot weltweit unterwegs. Seit 2016 ist er freiberuflicher Berater und bietet jetzt auch Kurse im Bierbrauen am Kochtopf an. Eine „Herzensangelegenheit“, um die Wertigkeit des bayerischsten aller bayerischen Genussmittels, das durchaus in kleinen Mengen als gesund gilt, publik zu machen und sein Image zu verbessern. Dazu musste er aber erst einmal lange Methoden austüfteln, die es möglich machen, Bier am heimischen Herd mit einfachen Mitteln herzustellen. Der nächste Kurs ist im Herbst, voraussichtlich bei der VHS Gröbenzell und Olching.