Mein Schreibtisch
In dem kleinen Büro von Josef Nefele schaut es nach Arbeit aus: Gestern war Bauausschuss-Sitzung, da muss der Bürgermeister von Egenhofen noch eine Menge nacharbeiten. Seit bald 23 Jahren sitzt der Bautechniker in dem Rathaussessel in Unterschweinbach, von dem aus er sage und schreibe 25 Ortsteile und Weiler auf 3340 Hektar betreut: flächenmäßig ist damit Egenhofen die drittgrößte Gemeinde im gesamten Landkreis. Eine nicht gerade leichte Aufgabe, vor allem, was die Infrastruktur betrifft. Drum ist der 69-Jährige auch gar nicht böse, nach der nächsten Kommunalwahl in Rente gehen zu können.
Unübersehbar auf seinem Schreibtisch: ein riesiger Kalkstein! Kunstvoll ist das Wappen der Gemeinde geschnitzt. „Ein Mitbringsel vom Neusiedlersee“, erklärt der Autor des Fachbuches „Pflasterbau – Theorie und Praxis“, der den Stein gefunden und bearbeitet hat. „Steine sind mein Hobby“, schmunzelt Josef Nefele.
Genauso groß ist der silberne Pokal im Fenster. Josef Nefele, der 25 Jahre 1. Vorstand im Sportverein Oberweikertshofen war und hier das Sportzentrum aufgebaut hat, bekam die Trophäe der französischen Gemeinde Hermes zum 20. Jahrestag der seit 1975 bestehenden Freundschaft.
Ein Holzhubschrauber mit Solarantrieb? Josef Nefele erklärt, dass Egenhofen Vorreiter in puncto Photovoltaikanlage war: Auf einem Dach entstand die erste Gemeinschaftsanlage (GbR) in ganz Deutschland und in Waltenhofen 2002 die erste Freiflächenanlage in Bayern. Das Spielzeug war ein Geschenk zur Einweihung.
Reihenweise alte Bücher, beginnend im 19. Jahrhundert, stehen im Bücherregal. Dokumente und Niederschriften aus den fünf Gemeinden, die 1978 bei der Gebietsreform zusammengefasst wurden. Vorsichtig blättert Nefele in den schönen Seiten. „Heute gibt’s nur Intranet und Emails.“
In der dunklen Ecke neben dem Schreibtisch, hat sich ein trauriger Jesus versteckt. Ein Requisit – vermutlich vom ehemaligen Krankenhaus Egenhofen. Früher stand es auf der Kommode, bis ein Journalist Nefele auf die deprimierende Gestalt aufmerksam machte. Da kam sie in die Ecke und wartete. Etwa vier Jahre lang. Nefele wischt vorsichtig den Staub ab. „Ich hab sie gar nicht mehr gesehen“, sagt er und stellt die Figur wieder auf ihren Platz.