Das Leben geht weiter …

Das Leben geht weiter …

Fotos: Naturfriedhof Ammersee; Text: Petra Neumaier

 

… in diesem wunderschönen Wald. Die Vögel singen, die Bäume rauschen, es duftet nach feuchtem Laub und würzigen Tannen. Reh, Hase, Fuchs, Eichhörnchen und was sonst noch hier zu Hause ist, lassen sich ab und zu blicken. Wenn man leise ist. Achtsam. Was sich unwillkürlich einstellt. Denn dieser Wald ist etwas Besonderes. Einer in dem man in der Ewigkeit ruhen darf. Im Schatten und zwischen den Wurzeln der Bäume, unter kuschlig weichen Moosen und in lebendiger Erde. Der neue Naturfriedhof bei Greifenberg ist Balsam für die Seele und solche, die es noch werden. Und er ist der Familie von Perfall zu verdanken, die ihren Wald an die Gemeinde für Urnenbestattungen verpachtet hat: Ganzjährig geöffnet, 24 Stunden am Tag – in friedvoller Umgebung. „Danach sehnen sich viele Menschen auch im Tod“, stellt Maximilien von Perfall fest.

 

Der Naturfriedhof in Greifenberg befindet sich im Forst der Familie Perfall, Träger ist jedoch die Gemeinde, die das Areal als kommunalen Friedhof gepachtet hat. „Wir sind nur Erfüllungsgehilfe und übernehmen die Verwaltung“, erklärt Maximilian von Perfall (rechts), mit seinem Vater Benedikt.  

Herr von Perfall, schnöde Frage, aber wie kommt man darauf, aus seinem Wald einen Friedhof zu machen?

Maximilian von Perfall: Ich hatte von Bestattungswäldern in Norddeutschland erfahren und war begeistert. Und weil es im Westen von München so etwas nicht gibt, wollte ich das ändern. Zwei Jahre dauerte es allerdings, bis die Genehmigungsphase abgeschlossen war. Obwohl die Gemeinde und vor allem der Bürgermeisterin Patricia Müller uns sehr unterstützen.

 

Wie gut, dass Sie durchgehalten haben. Denn die Anfragen sind immens und nicht wenige Bäume sind bereits reserviert.

Die Leute kommen tatsächlich in Scharen! Wir freuen uns sehr dazu beizutragen, ein anscheinend großes Bedürfnis der Menschen zu stillen.

 

Darf hier jeder/jede bestattet werden?

Wir schließen niemanden aus, Herkunft und Glauben sind egal, ebenso der frühere Wohnort. Der Wald ist für alle Interessenten offen. Nur anonyme Bestattungen dürfen wir nicht machen.

 

Kann man sich den Baum selbst aussuchen?

Natürlich – wir haben verschiedene Sorten und Größen zur Auswahl. Junge Bäume sind günstiger als alte. Die Preise staffeln sich zudem in der Laufzeit. Pro Baum sind bis zu zwölf Grabstellen möglich im 360 Grad Radius und verteilt im Abstand von zwei Metern …

 

Insgesamt stehen für den Naturfriedhof in vier möglichen Abschnitten 17 Hektar Mischwald mit wunderschönen Eichen, Buchen und Fichten zur Verfügung. Der erste, nun geöffnete Abschnitt ist vier Hektar groß. „Da ist für viele Grabstellen Platz“, sagt Maximilian von Perfall – obwohl nicht jeder Baum auch ein Bestattungsbaum sein wird.

… also teilen sich mehrere Tote einen Baum?

Möglich. Man kann aber auch einen Familienbaum reservieren. Zusätzlich gibt es noch die Option, jetzt seinen Baum zu pflanzen und ihm zu Lebzeiten beim Wachsen zuzusehen. Wer mag, kann auch bei einem der jahrtausendalten Findlinge beerdigt werden.

 

Bestattet wird aber nur in der Urne, oder?

Richtig – und die muss kompostierfähig sein und sich innerhalb von zwei Monaten zersetzen.

 

Dann ist der Verstorbene quasi ein Dünger?

Ich denke, weder Dünger noch irgendwie schädlich. Der Baum wird die Asche nicht wirklich merken. Aber der Gedanke, von seinen Wurzeln aufgenommen zu werden und weiterzuleben, ist für viele tröstlich.

 

Trampeln die Trauergäste bei der Bestattung den Boden drum herum nicht platt?

Für den Abschied und die Trauerfeier steht im Wald ein Pavillon zur Verfügung. Dort kann die Urne auch schön geschmückt werden.

 

Kommt der Grabschmuck mit in den Wald?

Nein. Dort wird nur die Urne im Abstand von zwei Metern vom Stamm bestattet – und nach ein paar Tagen ist die Stelle wieder zugewachsen. Eine schonend am Baum befestigte Plakette informiert über den Namen sowie das Geburts- und Sterbedatum.

 

Also keine Grabpflege und doch ein Ort zum Gedenken? Sehr praktisch!

Im Sinne ihrer Angehörigen ist das tatsächlich vielen Menschen wichtig: Kein Schmuck auf dem Grab und Kerzen sind hier sowieso verboten. Der Wald bleibt Wald und so unberührt wie möglich.

 

Was aber, wenn der Wald stirbt – oder auch nur der Baum?

Natürlich kann der Borkenkäfer kommen oder ein Sturm, dann pflanzen wir natürlich sofort einen neuen Baum.

 

Tipp: Führungen jeden Mittwoch um 10 Uhr

  

Naturfriedhof Ammersee

Painhofen, 86926 Greifenberg

Telefon 08192 8355

E-Mail: info@naturfriedhof-ammersee.de, www.naturfriedhof-ammersee.de

  

140 Quadratmeter für vier Quadratmillimeter

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