Öko? Logisch!
Fotos: Simon Katzer
Text: Petra Neumaier
Augen, Herz, Verstand. Alles öffnet sich beim Betreten des Schulungsraumes. Komplett verglast ist die lange Front und lässt den Blick frei auf die große Terrasse, auf die gemähte Grünfläche, die von Blumenbeeten umrahmt wird. Und das im ersten Stock. Und das im Gewerbegebiet in der Hasenheide auf dem Dach eines Industriegebäudes, das noch so einige Überraschungen birgt und beweist: Ökologisches und ökonomisches Bauen geht auch jenseits von Wohnhäusern – und ohne Versiegelung!
Karl-Heinz Jansen, unter anderem Mitglied im Umweltbeirat der Stadt Fürstenfeldbruck, lebt von und für Umwelttechnologien. Als er deshalb vor fünf Jahren ein neues Industriegebäude plante, stand für ihn eine ökologische Bauweise mit modernsten Anlagetechniken fest. Geplant hat er das Gebäude selbst am Computer, die Statik überließ er einem Architekten. Beim Optimum fingen sie an, erst dann schauten sie, wo vielleicht noch etwas eingespart werden könnte. Klar, so ein Haus wird teurer als ein gewöhnliches Industriegebäude im Fertigteilstil. „Aber unter dem Strich ist es dann doch gar nicht so kostspielig“, stellte er fest.
Rein in Ziegelbauweise wurde gebaut mit zwei Reihen und mit mineralischem Putz: 50 Zentimeter Mauerwerk umschließen das 1000 Quadratmeter große Haus, das rein durch Luft-Wärmepumpen geheizt und gekühlt wird. Kosten im Jahr: 2500 Euro. Karl-Heinz Jansen schmunzelt zufrieden. „Innerhalb von fünf Jahren haben sich die Kosten bereits amortisiert.“
Genauso wie das gesamte Gebäude hat er jede Einzelheit genau durchdacht. Nichts überließ er dem Zufall. Auch nicht die Entscheidung für die Luftwärmepumpe. Eine Probebohrung hatte ergeben, dass sich unter dem geplanten Gebäude Fließsand befindet: schlecht für eine Grundwasserwärmepumpe. Es gibt auch einen Plan B: Sollte einmal der Winter so kalt sein, dass die Wärmepumpe mit dem Heizen nicht nachkommt, wärmt ein Tauchsieder das Wasser: „Ist noch nicht vorgekommen“, bemerkt Karl-Heinz Jansen.
Die Fenster hat er gleich vierfach-verglast: Nur eine Frage der Technologie sei es, dass sie nicht zu schwer würden. Eine vollautomatisierte und sturmsichere Metallbeschattung, die Licht hinein, aber die Wärme im Sommer außen vor lässt, sorgt für angenehme Temperaturen an den Arbeitsplätzen für die zwölf Mitarbeiter.
Gesteuert wird alles mit einem Prozessleitsystem. Die Haustechnik ist sogar ans Internet und das wiederum an die Wettervorhersage angeschlossen. So kann die Heizung rechtzeitig reagieren und Temperaturen regeln: 22 Grad herrschen hier im ganzen Jahr, nur der Serverraum ist vollklimatisiert kühler. Auch die Feuchtigkeit der Luft wird permanent kontrolliert und übersteigt nie 55 Prozent: Weil das Haus und die Fenster so dicht sind, wird jeden Morgen erst einmal 15 Minuten gelüftet.
Gänzlich verzichtet hat Karl-Heinz Jansen auf Sonnenkollektoren. Er verzieht ein wenig das Gesicht: „Ich mag die Entsorgung der Elemente nicht“, sagt er und dass für ihn diese Form von Energie „nicht das Gelbe vom Ei ist“. Die Kollektoren hätten außerdem einen Teil des Daches versiegelt. „Lieber würde ich mit Windenergie arbeiten.“
Alles würde er heute noch einmal so planen, bis auf die Zisternen. Die eigentlich stattlichen zwölf Kubikmeter haben sich als doch zu klein erwiesen. Obwohl weder Haus noch Gebäude das Grundstück versiegeln und alles Regenwasser in den Boden versickern kann oder in die Zisternen abgeleitet und biologisch der Schmutz gefiltert wird, reicht es kaum für die Bewässerung der Grünflächen. „Deshalb haben wir vor eineinhalb Jahren auf Trockenwiesen umgestellt“, erklärt der Experte für Wildbienen. Auf seinem Gelände hat er derzeit vier Versuchsbeete für Trocken- und Blühwiesen mit unterschiedlichen Böden und Standorten: Obwohl jeweils der gleiche Samen verwendet wurde, blühen auf jedem Feld andere Blumen. Auf allen summen und brummen die Insekten: „Wir schauen in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren, was sich von alleine durchsetzt und wachsen will“, sagt der Forscher zufrieden, der selbst überrascht ist, was so alles blüht.
Auf Interesse stößt das Gebäude immer wieder. Sowohl in Gremien der Stadt als auch bei der IHK. Und Jansen hofft, dass die Stadt durch sein Beispiel angeregt wird, bei neuen Gewerbegebieten Vorgaben zu machen. Immerhin setzte sich der Umweltbeirat jüngst durch, dass in dem neuen Teil eine Dachbegrünung vorgeschrieben ist. „Aber da geht noch mehr.“